Die Forschung des Lehrstuhls besch?ftigt sich vorrangig mit zwei Fragestellungen: Zum einen interessiert uns, warum Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene dysfunktionales Verhalten trotz der oft langfristigen Konsequenzen aufrechterhalten. Hierzu untersuchen wir die kurzfristigen aufrechterhaltenden Mechanismen unter Berücksichtigung einer funktionalen Perspektive. Inhaltlich besch?ftigen wir uns dabei vorrangig mit den aufrechterhaltenden Faktoren des maladaptiven Bewegungsverhaltens bei Essst?rungen.
Zum anderen interessiert uns, wie wir die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen durch digitale Tools verbessern k?nnen. Gemeinsam mit der psychotherapeutischen Hochschulambulanz für Kinder und Jugendliche erforschen wir hierzu Therapie-Feedback-Systeme und daten-basierte Tools zur Personalisierung von Kinder- und Jugendpsychotherapie.?
Methodisch nutzen wir vorrangig zwei Zug?nge: Zum einen alltagsnahes ambulantes Assessment mittels Smartphones und passiven Sensoren, dass uns einen Einblick in das Erleben von Kindern und Jugendlichen im Alltag erlaubt. Zum anderen haben wir einen experimentalpsychologischen Schwerpunkt, in dem wir unter randomisiert-kontrollierten Bedingungen Mechanismen untersuchen k?nnen. Unser Bewegungslabor befindet sich gerade im Umbau.
Folgend sind aktuelle Forschungsprojekte am Lehrstuhl aufgelistet:
?berm??iger oder getriebener Sport ist ein h?ufiges Symptom von Essst?rungen, dessen aufrechterhaltende Mechanismen kaum verstanden sind. W?hrend Sport für nahezu alle psychischen St?rungen empfohlen wird, ist Sport in der Behandlung von Essst?rungen h?ufig tabuisiert und w?hrend station?rer Therapie sogar oft verboten. Bei chronifizierten Essst?rungen kann das Verhalten auch stark ritualhaft anmuten und dabei jegliche Funktion verlieren. In diesem Forschungsfeld untersuchen wir in mehreren Teilprojekten, welche aufrechterhaltenden Mechanismen (z.B. momentane Ver?nderungen in der Emotionsregulation, Exercise Satiation, soziale Funktionen) dieses Verhalten kurzfristig verst?rken. In einem weiteren Projekt werden wir untersuchen, ob sich kurzfristige Funktionen von diesen und anderen maldaptiven Verhaltensweisen im Verlauf einer psychischen Erkrankung ver?ndern und wann das Verhalten zur funktionslosen Gewohnheit wird. Hierzu nutzen wir vorrangig EMA-Untersuchungen, aber auch zunehmend experimentelle Methoden.
Einen Vordruck für das Sporttauglichkeitsattest für Probanden mit Essst?rung für die Studie "Exercise and Reward Satiation" finden Sie hier.
Kolar, D. R., Haynos, A., Wang, S., Lask, T., Murray, S. B., Voderholzer, U., & Gorrell, S. (in press). Identification of affective and social reinforcement functions of driven exercise: Evidence from three samples. Clinical Psychological Science. Preprint: https://osf.io/preprints/psyarxiv/ad3mq/
Huong, C., Bernstein, E. E., Curtiss, J. E., Kolar, D. R., & Brown, D. M. (2025). Network approaches for physical activity and mental health research. Sport, Exercise, and Performance Psychology, 14(1), 120–138.?https://doi.org/10.1037/spy0000371
Kolar, D. R., Ralph-Nearman, C., Swanson, T., & Levinson, C. A. 2024. Exercise moderates longitudinal group psychopathology networks in individuals with eating disorders. Comprehensive Psychiatry, 152543. https://doi.org/10.1016/j.comppsych.2024.152543
Kolar, D. R.?, Kaurin, A.?, Meule, A., Dittmer, N., Schlegl., S. & Voderholzer, U. 2022. Interpersonal, Affective and Compulsive Features of Driven Exercise in Anorexia Nervosa.Journal of Affective Disorders. 307:53–61. https://doi.org/10.1016/j.jad.2022.03.044
Kolar, D. R., Gorrell, S. 2021. A call to experimentally study acute affect-regulation mechanisms specific to driven exercise in eating disorders. International Journal of Eating Disorders. 54(3):280–286. https://doi.org/10.1002/eat.23427
Kolar, D. R., Neumayr, C., Roth, M.*, Voderholzer, U., Perthes, K.* & Schlegl, S. 2020. Testing an emotion regulation model of physical activity in adolescents with anorexia nervosa: A pilot ecological momentary assessment study. European Eating Disorders Review. 28(2):170–183. doi.org/10.1002/erv.2706
Ab wann finden wir, dass eine Sporteinheit zufriedenstellend und "gut" war? Und unterscheiden sich Jugendliche mit Essst?rungen von gesunden Jugendlichen in dieser Bewertung? Mit dieser Frage besch?ftigt sich das Konzept der Exercise Satiation. Exercise Satiation meint den Zustand bzw. Zeitpunkt, bei dem wir w?hrend einer Sporteinheit subjektiv zufrieden genug mit unserer k?rperlichen Aktivit?t sind, so dass wir sie freiwillig beenden. M?glicherweise h?ngt dies mit vorher gesetzten Zielen oder k?rperlichen Ver?nderungen w?hrend des Sports zusammen. In unserem Bewegungslabor gehen wir experimentell dieser Fragestellung nach.
Barker, J., Kolar, D. R., Spotts-deLazzer, A., & Keel, P. K. 2022. Exercise Satiation:
A Novel Theoretical Conceptualization for Problematic Exercise Observed in Eating
Disorders. International Journal of Eating Disorders. 55(2):176–179. https://doi.org/10.1002/eat.23635
Jede Patient*in ist einzigartig in ihrem/seinem Erleben, dennoch wissen wir noch sehr wenig darüber, wie wir Psychotherapie ideal an jedes Kind oder Jugendliche*n anpassen sollen, weshalb wir weiterhin nicht alle Kinder und Jugendlichen mit der optimalen Intervention versorgen. In der Praxis geschieht die Individualisierung h?ufig durch klinische Entscheidungen der Behandler*innen. In diesem Forschungsfeld untersuchen wir, inwiefern durch datengetriebene Algorithmen, die durch eine Vielzahl an Messungen im Alltag der Betroffenen oder über den Verlauf der Psychotherapie hinweg datengetriebene Entscheidungsempfehlungen treffen, die Behandlung optimal an den/die Patient*in angepasst werden kann. Hierzu werden wir EMA, passives Sensing durch Wearables sowie digitale Therapie-Feedback-Systeme in der psychotherapeutischen Hochschulambulanz für Kinder und Jugendliche einsetzen.
Kaurin, A. & Kolar, D. R. 2022. Ambulantes Assessment in der Klinischen Kinder- und
Jugendpsychologie. Psychotherapie. https://doi.org/10.1007/s00278-022-00605-x
Kolar, D. R., Huss, M., Jenetzky, E. & Hammerle, F. 2017. A smartphone-enhanced
low-threshold intervention for adolescents with anorexia nervosa (SELTIAN): Study
protocol of a randomized controlled trial. BMJopen 7:e018049. doi.org/10.
1136/bmjopen-2017-018049
Mithilfe von sogenannten Symptomnetzwerken (Perceived Causal Networks; PECAN-Netzwerken) k?nnen Patient*innen Zusammenh?nge zwischen ihren vorrangigsten Problemen herstellen. Hierbei wird darauf fokussiert, wie sich aus Sicht der Patient*innen vorliegende Probleme bedingen und aufrechterhalten. Unser Ziel ist es, mit Hilfe von PECAN-Netzwerken die psychotherapeutische Diagnostik und Behandlung genauer auf die Bedürfnisse der individuellen Patient*innen anzupassen und entsprechend zu verbessern. Es gibt bereits einige positive wissenschaftliche Belege für die Anwendung von PECAN-Netzwerken mit Erwachsenen. Für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen fehlen diese noch.
Ziel dieser Studie ist es folglich, die Praktikabilit?t und Nützlichkeit von PECAN-Netzwerken in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu untersuchen.
Publikationen aus der Forschung der Klinischen Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters:
? geteilte Autorenschaft
Unter Begutachtung
Kolar, D.R., Haynos, A.F., Wang, S.B., Lask, T., Murray, S.B., Voderholzer, U. & Gorrell, S. Identification of affective and social reinforcement functions of driven exercise: Evidence from three samples. https://psyarxiv.com/ad3mq/
Kolar, D. R., Monteleone, A. M., Cascino, G., Meule, A., Naab, S., & Voderholzer, U. (2022, September 21). Pathways between child maltreatment, psychological symptoms, and life satisfaction: a network analysis in adolescent inpatients. https://doi.org/10.31234/osf.io/enpk6
Ver?ffentlichungen in begutachteten Zeitschriften
2023
Monteleone, A. M., Cascino, G., Meule, A., Barone, E., Voderholzer, U., & Kolar, D. R. (2023). Pathways between childhood maltreatment and life satisfaction in adolescents with eating disorders: A network analysis. European Eating Disorders Review, 1– 10. https://doi.org/10.1002/erv.3000
Meule, A., Kolar, D. R., Gaertner, T., Osen, B., Rauh, E., Naab, S. & Voderholzer,
U. Depressive symptoms and weight change in inpatients with anorexia nervosa: a
cross-lagged panel model.
2022
Meule, A., Kolar, D. R., Schlegl, S., Rauh, E. & Voderholzer, U. Illness Duration and
Treatment Outcome of Anorexia Nervosa. Eating Disorders: The Journal of Treatment & Prevention. https://doi.org/10.1080/10640266.2022.2114586
Kolar, D. R. & Mebarak, M. 2022. An update on the epidemiology of eating disorders
in Latin America: Current state and future challenges. Current Opinion in Psychiatry.
https://doi.org/10.1097/YCO.0000000000000813
Kaurin, A. & Kolar, D. R. 2022. Ambulantes Assessment in der Klinischen Kinderund
Jugendpsychologie. Psychotherapie. https://doi.org/10.1007/s00278-022-00605-x