The lettering "Kolonialwarenhandlung" on the facade of a house, the chocolate ambassador in cute plush pants: often nostalgically interpreted, they are shadows of a colonial past that still haunt everyday life as images or concepts and make visible the historical and current presence of post/colonial realities.
From 24 to 27 July, early career scholars explored in Regensburg the seemingly banal everydayness of colonialist world views and discussed how they can be reflected upon and negotiated.
To read the entire article, please switch to the German version.
[Translate to English:] ?Glokalisierung“
[Translate to English:]
(Wiederkehrende) Debatten um belastete Namen, Begriffe, Symbole, um ?koloniale Kontinuit?ten“ kennt auch Regensburg – die ?Drei-Mohren-Stra?e“ geh?rt zu den prominenteren Beispielen. Michael R?sser, selbst Regensburger, führte seine Kolleg*innen im Tagungskontext durch die Stadt und machte auf ihre postkolonialen Spuren aufmerksam. Deutlich wurde: St?dte, Regionen, L?nder – sie wirken in Bezügen mit anderen Orten bzw. R?umen, sie sind Produkt sozialer Beziehungen, kultureller Bedeutung und emotionaler Identifikation.
Die Referenten verwiesen u. a. auf Hamburg und München, wo zwischenzeitlich aus Universit?ten und Zivilgesellschaft heraus Initiativen entstanden sind, die sich mit R?umen und Kolonialgeschichte besch?ftigen. In vielen kleineren St?dten stehen solche Auseinandersetzungen noch immer am Anfang – obwohl das deutsche Kolonialreich, fl?chenm??ig das drittgr??te nach dem britischen und franz?sischen, auch in die Provinz reichte. Verantwortung für kolonialhistorische Themen, das machten R?ssers Ausführungen deutlich, delegierte man auf Landesebene gerne nach oben, in den ?nationalen Kontext“. Doch die Realit?t war auch lokal.
[Translate to English:] Decolonize yourself!
[Translate to English:]
So gab es eine ?Koloniale Sonderausstellung“ in der Gro?en Oberpf?lzer Kreisausstellung 1910; im dazugeh?rigen Programmheft warb ein Regensburger Unternehmer für die von ihm vertriebenen ?Trikot-Unterkleider aus deutscher Colonial-Baumwolle“ – entstanden in Zwangsarbeit. Die ?Sonderausstellung“ sollte den Auftakt für die Etablierung eines Kolonialmuseums in Regensburg bilden, berichtete R?sser. Er erinnerte daran, dass es um 1900 ein gro?es Bestreben war, gro?e R?ume zu erschlie?en, über Eisenbahn, Schifffahrt und Telegrafie. Die neue Infrastruktur schuf weitere koloniale Imagination. Der geopolitische Blick fiel in Regensburg dabei aufs ?stliche Europa.
R?ume postkolonialer Erinnerung sind allgegenw?rtig und losgel?st von Grenzen und Geographie, verknüpft mit Austausch und Migration. Sie sind in weltumspannende Verflechtungen eingebunden, transnational und transkontinental. Lokale Bezüge sind pr?gend. ?Vor Ort“ spielt in verschiedener Hinsicht eine Rolle.
So seien beispielsweise Stra?en Erinnerungsorte, ihre Benennungen, etwa nach Personen, spiegelten stets die aktuellen Verh?ltnisse, Weltanschauung und Kultur bis hin zu den Herrschaftsverh?ltnissen der entsprechenden Zeit wider. Wer vor 50 oder 100 Jahren ehrwürdig war, muss es nicht zwangsl?ufig heute auch sein. In Bernhards Workshop schlüpften die Teilnehmenden im Rahmen eines fiktiven Szenarios in die Rolle des wissenschaftlichen Beirats einer Augsburger Kommission für Erinnerungskultur, um aus dieser Perspektive über den Umgang mit kolonialen Stra?ennamen, wie der Columbusstra?e oder dem Welserplatz zu diskutieren.
In R?ssers Workshop setzten sich die die Tagungsteilnehmer*innen mit einem Lokalzeitungsartikel zur Ausstellung ?Weiss auf Schwarz – Kolonialismus, Apartheid und Widerstand“ im Jahr 1986 in Regensburg auseinander. Kolonialismus und Kolonialgeschichte wurden in der Berichterstattung nicht direkt thematisiert – obwohl das Begleitprogramm zur Ausstellung einschl?gige M?glichkeiten geboten h?tte. Uwe Timm las aus ?Morenga“, im Kino lief ?Die Liebe zum Imperium“ von Peter Heller. Der Fokus des Beitrags hingegen lag auf Besch?digungen von Ausstellungsstücken; dahinter vermutet wurden ?Alt-Nazis“. Der sog. Historikerstreit fiel in dieses zeitliche Umfeld; er mag ein Grund dafür gewesen sein.
[Translate to English:] Was für eine Gesellschaft wollen wir sein?
[Translate to English:]
Im Plenum trugen die Workshop-Teilnehmer*innen ihre Erkenntnisse zusammen. Dazu geh?rte, dass partizipatorische Ans?tze wünschenswert seien. Aber sie sind offensichtlich h?chst komplex – und kompliziert dazu. Aus aktivistischer Perspektive gestalte sich manches noch einmal anders, sagte eine Tagungsteilnehmerin, die Interessierte durch das koloniale Bayreuth führt. Gerechtigkeit werde nicht automatisch durch das ?ndern eines Stra?ennamens hergestellt. Es brauche Antworten auf die Frage: Was wollen wir für eine Gesellschaft sein, worauf k?nnen wir uns einigen?
Im Stadtarchiv Regensburg nutzten die Wissenschaftler*innen am dritten Konferenztag die M?glichkeit, Best?nde mit Bezügen zum deutschen Kolonialismus zu sichten. Weitere Themen: May Ayim – Alumna der UR, afrodeutsche Aktivistin, P?dagogin und Schriftstellerin. Sie zog Anfang der 1980-er Jahre von Regensburg nach Berlin, wo 2010 das ehemalige Gr?ben-Ufer nach ihr umbenannt wurde und heute May-Ayim-Ufer hei?t. M?glicherweise verlie? sie Regensburg, weil sie als Tochter einer Deutschen und eines Ghanaers vor Ort mit Rassismus konfrontiert war. ?ber die Quellen zu May Ayim im Universit?tsarchiv sprachen die Forschenden mit dem Universit?tsarchivar Dr. Andreas Becker am Nachmittag. Am Samstag setzten sich die Wissenschaftler*innen abschlie?end noch mit einem ?unerwarteten Ort“, wie Philipp Bernhard ihn charakterisierte, auseinander: Dem ?Afrikamuseum“ der Benediktinerabtei Schweiklberg im niederbayerischen Vilshofen an der Donau.
[Translate to English:] Informationen/Kontakt
[Translate to English:]
Zum Zentrum Erinnerungskultur (external link, opens in a new window) der Universit?t Regensburg
Open-Access-Literatur und Internetportale zum Thema:
Philipp Bernhard: Geschichtsvermittlung postkolonial. Eine geschichtsdidaktische Vermessung Postkolonialer Theorie. G?ttingen 2024. https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/themen-entdecken/paedagogik-soziale-arbeit/schulpaedagogik/58939/geschichtsvermittlung-postkolonial (external link, opens in a new window)
Michael R?sser: Prisms of Work: Labour, Recruitment and Command in German East Africa, Berlin, Boston: De Gruyter Oldenbourg, 2024. https://doi.org/10.1515/9783111218090 (external link, opens in a new window)
Post-/koloniale Spuren in München: https://mapping.postkolonial.net/ (external link, opens in a new window)
Unterstützt wurde die Tagung durch die F?rderung der Regensburger Universit?tsstiftung Hans Vielberth (external link, opens in a new window). Der postkoloniale Stadtrundgang fand in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Bildungswerk Regensburg e.V. (external link, opens in a new window) statt sowie der Fachschaft Geschichte (external link, opens in a new window), einem Seminar aus der Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universit?t Regensburg, dem Jugendbeirat Regensburg (external link, opens in a new window), der Partnerschaft für Demokratie Regensburg. Gef?rdert wurde der Stadtrundgang darüber hinaus durch das Bundesprogramm ?Demokratie leben!“ (external link, opens in a new window) des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.