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Aktuelles: Bienenfreundlicher Schutz für Pflanzen

Neuartige Sensoren k?nnten zukünftig helfen, Pflanzenschutzmittel zu entwickeln, die für Bienen ungef?hrlich sind

15. Oktober 2024, von Karoline Stürmer

  • Chemie und Pharmazie
  • Forschung

Der weltweit steigende Bedarf an pflanzlichen Lebensmitteln macht den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln notwendig, um Kulturpflanzen vor Sch?dlingen zu schützen und Ernteertr?ge zu sichern. Mit einem gro?en Nachteil: Der gro?fl?chige Einsatz von Pestiziden hat in der Vergangenheit, neben anderen Einflüssen, zu einer erheblichen Reduktion von Insektenpopulationen geführt. Besonders besorgniserregend ist der Rückgang der Wildbienen, die einen wesentlichen Beitrag zur Best?ubung leisten und somit für landwirtschaftliche Ertr?ge unverzichtbar sind.

Um dieses Dilemma zu l?sen, arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Elektronische Mikrosysteme und Festk?rper-Technologien (abgekürzt EMFT) im F?rderprojekt ?kotox (externer Link, ?ffnet neues Fenster) an der Entwicklung neuartiger Sensoren. Sie sollen helfen, ?bienenfeindliche“ Substanzen bereits in frühen Entwicklungsphasen neuer Pflanzenschutzmittel zu identifizieren. ?Unser Ziel ist es, dass diese Sensoren eine sch?dliche Wirkung auf Insekten innerhalb weniger Stunden anzeigen und gleichzeitig viele Substanzen zeit- und kostensparend parallel untersucht werden k?nnen“, sagt Prof. Joachim Wegener, Leiter der Fraunhofer Abteilung ?Zellbasierte Sensorik“, die auf dem Campus der Universit?t Regensburg (UR) angesiedelt und eng mit dem Institut für Analytische Chemie, Chemo- und Biosensorik der UR verzahnt ist. 

Das Grundkonzept des neuen Ansatzes basiert auf der Verwendung von Insektenzellen als Sensoren. {web_name}e Zellen verfügen über den für die jeweiligen Insekten typischen Stoffwechsel und k?nnen bei Kontakt mit einem Wirkstoff dessen Einfluss anzeigen. ?Die Zellen werden in Laborgef??e überführt, die am Boden mit Mikroelektroden ausgestattet sind“, erkl?rt Wegener. In diesen so genannten Multielektroden-Arrays l?sst sich der Wechselstromwiderstand (Impedanz) der Zellen in Echtzeit bestimmen und damit Auswirkungen auf die Zellen dokumentieren. 
Das Verfahren k?nnte herk?mmliche Tests aus der Bioanalytik erg?nzen, mit denen die toxische Konzentration des isolierten Wirkstoffes ermittelt wird. ?blicherweise enthalten Pflanzenschutzmittel aber zahlreiche Beimengungen, die nicht selten für die unbeabsichtigten toxischen Effekte verantwortlich sind. Mit den Insektenzellsensoren l?sst sich die Wirkung der gesamten Mischung erfassen. So k?nnen biologische Auswirkungen neuer Wirkstoffkandidaten schnell identifiziert werden.

Die Anzucht der Zellen erfolgt im Labor. Sie werden direkt in den Vertiefungen der Multielektroden-Arrays eingefroren und bei niedrigen Temperaturen gelagert. Die Zellen k?nnen dann bei Bedarf aufgetaut werden und sind innerhalb von Minuten testbereit, unabh?ngig von einem Zellkulturlabor auch direkt im Freiland. {web_name} erm?glicht eine zeit- und kosteneffiziente Vorbereitung gro?er Chargen an Sensorzellen lange bevor der Test zur Anwendung kommt.
Bisher wurden fünf verschiedene Pestizide mit dieser optimierten Sensorik auf ihre akute Zelltoxizit?t untersucht. ?Die Ergebnisse zeigen, dass einige Pestizide, die für den Hausgebrauch verkauft werden, bei Konzentrationen toxisch sind, die weit unter den empfohlenen Anwendungskonzentrationen liegen“, sagt Stefanie Michaelis, die das Projekt federführend betreut. 

Um die Anwendung der sensorbeladenen Elektrodenarrays zu automatisieren, hat das Forschungsteam am Fraunhofer EMFT ein Demo-Ger?t entwickelt, das das Auftauen der Zellen und die Probenzugabe übernimmt. ?Das Ger?t erm?glicht eine exakte Dosierung und schlie?t jegliche Kreuzkontamination aus“, erl?utert Christian Hochreiter, der den Prototypen geplant und konstruiert hat. Inwieweit die Ergebnisse mit Insektenzellen die Beeinflussung der lebenden Insekten widerspiegeln, ist Gegenstand weiterer Forschungsarbeiten. Neben dem Nachweis einer akuten insektiziden Wirkung soll die Sensorik künftig auch verschiedene Zellfunktionen untersuchen und die gleichzeitige Untersuchung von Zellen verschiedener Insektenspezies erm?glichen. ?Unser Ziel ist es, ein umfassendes Wirkprofil der Substanzen zu erstellen, das über deren reine akute Toxizit?t hinausgeht“, so Joachim Wegener.

Mehr Informationen zum Projekt finden sich unter: 
www.emft.fraunhofer.de/de/projekte/insekten-zellen-sensor-umweltgift.html (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Eine ausführliche Beschreibung der Forschungsarbeiten findet ich in folgender Publikation: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/appl.202400032 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Foto: ?chrisdubai/unsplash
Sensoren auf der Basis von Insektenzellen unterstützen die Entwicklung bienenfreundlicher Pflanzenschutzmittel
Foto: ?Bernd Müller
Frau Dr. Stefanie Michaelis und Prof. Dr. Joachim Wegener bei der Anzucht von Insektenzellen im Labor

Kontakt aufnehmen

Prof. Dr. Joachim Wegener

AG Zell-basierte Sensorik
Fraunhofer EMFT
c/o Institut für Analytische Chemie, Chemo- & Biosensorik
Universit?t Regensburg
E-Mail: Joachim.Wegener@ur.de / Joachim.Wegener@emft.fraunhofer.de
Tel: +49 (0)941 943 4546

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