Ergebnisse einer im M?rz 2025 deutschlandweiten bev?lkerungsrepr?sentativen Umfrage unter 2.000 Jugendlichen und Erwachsenen zwischen 16 und 21 Jahren, die der Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie und ?psychotherapie der Universit?t Regensburg vorlegt, zeigen: Jugendliche sind in diesen Zeiten stark seelisch belastet.
Die globalen Krisen, etwa Kriegsereignisse, Anschl?ge, Klima, verursachen seelische Beeintr?chtigungen. Die Forschenden erhoben auch indirekt vermittelte posttraumatische Symptome in ihrer Studie. Untersucht wurde unter anderem, ?durch welche Faktoren Belastungen wie stark vermittelt werden, etwa Bildkonsum und Dauer der Konfrontation, aber auch Resilienzfaktoren,“ erl?utert Professor Dr. Romuald Brunner, an dessen Lehrstuhl die Studie entstand. ?Wir haben zudem Ideen entwickelt, wie die Belastungen gemildert werden k?nnen“, berichtet der Erstautor der Studie, Dr. Daniel Schleicher.
Denn: Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind gut informiert, oft stark belastet und fühlen sich alleingelassen. Befragt wurden 2.000 Jugendliche im Alter von 16 bis 21 Jahren zu ihren Erfahrungen, Einstellungen und Bedürfnissen in Bezug auf aktuelle politische Entwicklungen. Unterstützt wurde der Lehrstuhl vom Marktforschungsinstitut Appinio GmbH.
Ziel der Erhebung war es, ein aktuelles Stimmungsbild junger Menschen in Deutschland zu den Themen politische Krisen und seelische Gesundheit zu zeichnen.
Kriege machen Angst, Vertrauen fehlt
?ber die H?lfte der Jugendlichen und jungen Erwachsenen fühlt sich durch die Geschehnisse auf der Welt wie politische Krisen, internationale Konflikte (z. B. Ukraine, Naher Osten) und Gewalttaten im ?ffentlichen Raum belastet. Dabei erleben die Jugendlichen dies meist stark als pers?nliche, sie selbst betreffende Bedrohung.
Beispielsweise meiden 23 % der Befragten ?ffentliche Pl?tze wie M?rkte, Konzerte oder kulturelle Veranstaltungen. Zudem fühlt sich nur gut die H?lfte in den Sorgen und Befürchtungen von Erwachsenen oder ?lteren Personen geh?rt. Etwa 60 % haben wenig Vertrauen in die Politik, dass die Krisen bew?ltigt werden – über 50 % haben sogar die Befürchtung, dass sich die politische Lage verschlechtern wird.
Die meisten h?ren mehrmals pro Woche bis t?glich von diesen politischen Entwicklungen, haupts?chlich über soziale Medien, Fernsehberichte oder Gespr?che mit anderen.
Verst?rende Videos oder Bilder von Kriegen und Konflikten, die Verwundung, Folterung, T?tung, Geiselnahme oder ?hnliches zeigen, werden dabei von fast der H?lfte der Jugendlichen mindestens w?chentlich gesehen – fast jeder fünfte Jugendliche sieht solche Aufnahmen sogar t?glich, m?nnliche Jugendliche bzw. junge Erwachsene h?ufiger als weibliche.
Dabei werden diese belastenden Szenen meist nicht absichtlich gesucht, sondern überwiegend ungewollt gesehen, z. B. durch Social-Media-Feeds oder weil ihnen die Videos zugeschickt werden.
Gewaltdarstellungen verursachen posttraumatische Stressbelastung
Die Gewaltdarstellungen führten bei vielen zu ersten Anzeichen einer posttraumatischen Stressbelastung, beispielsweise gekennzeichnet durch Nachhallerinnerungen an die Szenen (20 %), Schlafprobleme (10 %) sowie Schreckhaftigkeit (14 %). Posttraumatische Symptome werden oft durch die direkte Konfrontation mit z. B. pers?nlich erlebten Gewalterfahrungen ausgel?st.
Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass auch eine indirekte Konfrontation über die bildhafte Darstellung in den Medien psychische Belastungen von Krankheitswert ausl?sen k?nnen. Allerdings würden unter den Befragten, welche sich aufgrund der politischen Entwicklungen stark belastet fühlen, etwa 70 % nicht beabsichtigen, sich psychologische Hilfe zu suchen.
Schlafprobleme und k?rperliche Beschwerden
Im Allgemeinen gaben 48 % der Jugendlichen bzw. der jungen Erwachsenen eine ausgepr?gte depressive Symptombelastung an, wobei weibliche Jugendliche bzw. junge Erwachsene st?rkere Auspr?gungen zeigten. Zus?tzlich berichteten 56 % von Schlafproblemen und 48 % von k?rperlichen Beschwerden ohne bekannte Ursache (z. B. Schmerzen, ?belkeit oder Hautausschl?ge).
Aber wohin wenden sich nun junge Menschen, wenn sie sich belastet fühlen? Sie ?ffnen sich vorrangig privat, gegenüber dem Freundeskreis oder den Eltern. Professionelle Hilfe wie bei Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen sowie ?rzt:innen sind bei nur etwa 20 % eine wichtige Anlaufstelle.
Laut den Befragten sind Hindernisse für die Suche nach psychologischer Unterstützung besonders strukturelle Probleme (zu lange Wartezeiten, wenig Anlaufstellen), aber auch Fehlannahmen der Jugendlichen wie Bedenken zur Vertraulichkeit, Therapie sei zu teuer, Angst vor Behandlungen oder Therapie sei nicht hilfreich. Die Mehrheit der Jugendlichen bevorzugt, dass eine Therapie in Person (und nicht online) stattfindet. Fast 80 % der Befragten wünscht sich generell mehr Auseinandersetzung mit dem Thema seelische Gesundheit, beispielsweise in Schulen, Universit?ten oder Ausbildungsst?tten.
Empfehlungen: Jugendgerechte Kommunikation, Aufkl?rung zu psychischer Gesundheit, Social-Media-Schutz
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass auf gesamtgesellschaftlicher Ebene zum einen das Vertrauen in die Politik durch transparente und jugendgerechte Kommunikation gest?rkt werden muss. Hierbei sollten Erwachsene dahingehend sensibilisiert werden, wie sie Jugendliche beispielsweise durch aktives, empathisches und wertfreies Zuh?ren in Krisenzeiten unterstützen k?nnen.
Des Weiteren ist mehr Aufkl?rung beim Thema psychische Gesundheit notwendig, um Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen und therapeutischen Behandlungsm?glichkeiten abbauen zu k?nnen. Gleichzeitig w?re der Ausbau von Therapieangeboten und niedrigschwelligen Hilfeleistungen ein wichtiges Ziel für die Zukunft.
Im Hinblick auf die sozialen Medien scheinen auf der strukturellen Seite die St?rkung von Schutzfiltern in den Social-Media-Feeds, auf der individuellen Ebene die F?rderung der eigenen Medienkompetenz wichtige Ansatzpunkte zu sein. Dazu geh?rt mitunter die inhaltliche Begrenzung des pers?nlichen Nachrichtenkonsums und der Einsatz digitaler Pausen zur Unterstützung der Selbstfürsorge durch Hobbys, Bewegung und Entspannung.
Kontakt aufnehmen
Prof. Dr. Romuald Brunner
E-Mail: romuald.brunner@ur.de
Dr. Daniel Schleicher
E-Mail: daniel.schleicher@ur.de