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Aktuelles: 864 Stunden Messzeit

Regensburger Forscher mit Langzeitprojekt am Europ?ischen Synchrotron erfolgreich

28. Juni 2024, von Karoline St¨¹rmer

  • Chemie und Pharmazie
  • Forschung

F¨¹r eine Entscheidung von gro?er Tragweite bedarf es manchmal nicht vieler Worte. So geschehen Anfang Juni bei Dr. Michael Bodensteiner von der Fakult?t f¨¹r Chemie und Pharmazie der Universit?t Regensburg. ?Der Langzeit-Projektstatus wird f¨¹r 3 Jahre von 2024/II bis 2027/I verliehen¡°, stand da in einer knappen E-Mail. Die Freude des Forschers ¨¹ber diese schlichten Zeilen h?tte nicht gr??er sein k?nnen. Die Bewilligung bedeutet f¨¹r ihn und sein Team einen sicheren und regelm??igen Zugang zur European Synchrotron Radiation Facility (ESRF), einer multinationalen Gro?forschungseinrichtung und Europas gr??tem Elektronensynchrotron in Grenoble. Bodensteiner erh?lt die F?rderung f¨¹r sein Projekt ?Bessere Kristallographie auf anomale Weise ¨C zur routinem??igen Anwendung experimenteller anomaler Dispersionskorrekturen¡°.

?Es ist schon ein besonderes Privileg, so viel Strahlzeit an diesem einzigartigen Teilchenbeschleuniger zu bekommen¡°, erkl?rt der Chemiker. Normalerweise bewirbt man sich in halbj?hrlich stattfindenden Begutachtungsprozessen um Strahlzeit f¨¹r seine Experimente, die in acht-Stunden-Schichten vergeben werden. Im internationalen Wettbewerb mit Antr?gen aus allen m?glichen Forschungsgebieten, f¨¹r deren Untersuchung eine der st?rksten R?ntgenquellen der Welt notwendig ist, geht man nicht selten leer aus. Umso erfreulicher ist es f¨¹r den Wissenschaftler und seine Mitforschenden, dass sie sich dar¨¹ber f¨¹r die n?chsten drei Jahre keine Gedanken machen m¨¹ssen. Sie haben nun insgesamt 36 Tage im Wert von 720.000 € f¨¹r ihr Projekt zur Verf¨¹gung.

Dr. Michael Bodensteiner bedient mit der rechten Hand ein technisches Ger?t in seinem Labor. Sein Blick ist auf die Kamera gerichtet, er l?chelt. Foto: Karlheinz Huber/daskleinefotoatelier.de 

Michael Bodensteiner besch?ftigt sich in der Abteilung R?ntgenstrukturanalyse der Betriebseinheit Zentrale Analytik mit der Strukturbestimmung von Einkristallen. Dabei wird der R?ntgenstrahl an der regelm??igen Gitterstruktur eines Kristalls gebeugt und erzeugt auf einem Detektor ein Muster aus unterschiedlich hellen Lichtpunkten. Am Computer l?sst sich das Experiment nachstellen und aus einer chemischen Struktur ein theoretisches Beugungsbild erzeugen, das so lange optimiert wird, bis es m?glichst gut mit den gemessenen Daten ¨¹bereinstimmt. {web_name} erfordert jedoch eine ganze Reihe von Korrekturen sowohl an den Messdaten als auch am Modell, die in der Regel nur generalisiert und auf der Basis stark verallgemeinerter Faktoren vorgenommen werden. Sehr wichtig ist beispielsweise die Absorptionskorrektur, die je nach Zusammensetzung der Verbindung zu einer Verringerung der gemessenen Intensit?t f¨¹hrt. {web_name}en Effekt macht man sich insbesondere bei der Methode der R?ntgenabsorptionsspektroskopie zunutze, die zur Strukturaufkl?rung, aber oft auch dar¨¹ber hinaus zur Ermittlung physikalisch-chemischer Eigenschaften verwendet wird. Eine weitere Korrektur wird auf das Strukturmodell angewendet, n?mlich die f¨¹r anomale Streuung. {web_name}er Effekt ist mit der Absorption verwandt und hat eine Analogie im Brechungsindex, den man im Bereich des sichtbaren Lichts kennt.

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) betreibt an der ESRF eine Messstation, die sogenannte Rossendorf-Beamline (ROBL), die genau auf die beiden Methoden der R?ntgenabsorption und -beugung spezialisiert und damit f¨¹r die Experimente im Rahmen des Projekts pr?destiniert ist. Dar¨¹ber hinaus liegt der inhaltliche Forschungsschwerpunkt des HZDR in der Radiochemie, also der Untersuchung von Stoffen, die schwere radioaktive Elemente enthalten. Gerade hier sind die Effekte von Absorption und anomaler Streuung am st?rksten, was die Schnittmenge noch vergr??ert. Gemeinsam planen die Forscher zudem apparative Weiterentwicklungen an der Beamline, die dann auch anderen Forschenden zur Verf¨¹gung stehen wird. Nicht zuletzt deshalb unterst¨¹tzt das HZDR das Projekt mit Strahlzeit aus seinem eigenen Kontingent. Nur so war es m?glich, eine solch gro?e Messkapazit?t f¨¹r das Langzeitprojekt bewilligt zu bekommen.

Seit mehr als drei Jahren besteht eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Regensburger Wissenschaftlern und Dr. Christoph Hennig vom HZDR, aus der bereits mehrere Publikationen und ein Lieselotte-Templeton-Preis der Deutschen Gesellschaft f¨¹r Kristallographie f¨¹r die Masterarbeit von Florian Meurer hervorgegangen sind. Der Preistr?ger ist mittlerweile Doktorand mit einem Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes und untersucht die verschiedenen Aspekte der anomalen Dispersion und Absorption von R?ntgenstrahlen. Zuletzt konnte er im Rahmen des vom Bundesministerium f¨¹r Bildung und Forschung gef?rderten Projektes ?AcE: Grundlegende Untersuchungen zur Immobilisierung von Aktiniden mittels Einbau in endlagerrelevante Festphasen¡° f¨¹nf Monate an der Rossendorf Beamline mit radioaktiven Substanzen arbeiten und seine Kenntnisse in dieser Richtung erweitern.

Michael Bodensteiner selbst arbeitet derzeit an seiner Habilitation im Fach Anorganische Chemie, die sich mit den ?Special Effects¡° der anomalen Dispersion besch?ftigt. Sein Ziel ist es, aus den experimentell bestimmten Parametern auf die chemischen Eigenschaften und mittelbar auf die Reaktivit?t der untersuchten Stoffe schlie?en zu k?nnen. P¨¹nktlich zur Zwischenevaluierung seiner Habilitation kam nun die Zusage aus Grenoble, das Timing h?tte nicht besser sein k?nnen.

Kontakt aufnehmen

Dr. Michael Bodensteiner

Universit?t Regensburg
Fakult?t f¨¹r Chemie und Pharmazie
Betriebseinheit Zentrale Analytik ¨C R?ntgenstrukturanalyse
Tel.: +49 (0) 941 943-4445
E-Mail: michael.bodensteiner@ur.de

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