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Aktuelles: Und sie drehen sich doch!

Physiker der Universit?t Regensburg weisen ultra-schnelle Pseudospin-Oszillationen exzitonischer Quasiteilchen nach

02. September 2022, von Kommunikation & Marketing

  • Physik
  • Forschung

Physiker der Universit?t Regensburg aus den Forschungsgruppen um Professor Dr. Christian Schüller und Professor Dr. Jaroslav Fabian konnten erstmalig ultraschnelle quantenmechanische Oszillationen von verschiedenen Exzitonenarten beobachten. Darüber berichtet das Team nun im international renommierten Fachjournal Nature Communications.

Dass aus Licht Strom gewonnen werden kann, erscheint für uns durch die Allgegenw?rtigkeit von Solarzellen ganz normal.  百利宫_百利宫娱乐平台¥官网 basiert auf dem physikalischen Ph?nomen, dass in manchen Materialien durch die Absorption von Licht freie Ladungstr?ger erzeugt werden. Ein zuvor fest gebundenes Elektron wird dabei in einen frei beweglichen Zustand gehoben. An der Stelle, an der es zuvor sa?, fehlt nun ein Elektron. Es ist ein sogenanntes Loch entstanden: 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网es l?sst sich als Quasiteilchen mit positiver Ladung beschreiben: ?Quasiteilchen“, weil es nicht wirklich eines ist. In einer Solarzelle werden diese freien Elektronen und L?cher nun voneinander getrennt. Führt man sie wieder zusammen, entsteht elektrischer Strom. M?chte man diese Elektronen und L?cher beschreiben, so kann man ihnen eine Masse, eine Ladung, eine Energie, einen Impuls und einen Eigendrehimpuls zuordnen. Sind die ersten Gr??en verst?ndlich, so ist letztere deutlich schwieriger zu begreifen.

Spin und Exzitonen

Der sogenannte Spin, was so viel wie ?Drehung‘ oder ?Drall‘ bedeutet, ist eine quantenmechanische Eigenschaft. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e Gr??e ist demnach nicht beliebig verteilt, sondern tritt nur in festen Portionen (den sogenannten Quanten) auf. Sie ordnet jedem Teilchen einen intrinsischen Eigendrehimpuls zu. Durch die elektrostatische Anziehung zwischen den negativ geladenen Elektronen und den positiv geladenen L?chern kann es unter bestimmten Voraussetzungen in manchen Materialien für die Elektronen und L?cher zudem günstig sein, einen gebundenen Zustand einzugehen. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网er gebundene Zustand stellt wiederum ein Quasiteilchen dar und wird Exziton genannt. Er ?hnelt einem Wasserstoffatom, welches aus einem Proton und einem Elektron besteht und kann mit demselben Modell beschrieben werden. Besonders stabil treten diese Exzitonen in der Materialklasse der ?bergangsmetalldikalkogenide (englisch abgekürzt TMDCs) auf.

M?gliche Anwendung von Laser bis Solarzellen

Was sehr exotisch und kompliziert klingt, ist eigentlich gar nicht so au?ergew?hnlich. Prominente ?bergangsmetalle sind zum Beispiel Wolfram und Molybd?n. Ersteres ist den ?lteren sicher noch von Glühlampen bekannt, zweiteres ist ein sehr g?ngiges Schmiermittel, welches auch in den meisten Motoren?len für minimale Reibung sorgt. Bekannte Vertreter der Selenide sind Schwefel und Selen, welche auch oft in unseren Nahrungsmitteln als Spurenelemente vorkommen. TMDCs sind ein Verbund aus beiden Elementen mit ganz neuen Eigenschaften. Dabei werden die Atome der ?bergangsmetalle in einem honigwabenf?rmigen Netz von Seleniden eingeschlossen. Da die Atomanordnung regelm??ig ist, handelt es sich um einen kristallinen Festk?rper, genauer um einen Halbleiter. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e Kristalle lassen sich verblüffend einfach aufspalten, so dass es m?glich ist, Schichten herzustellen, welche nur wenige Atome dick sind. Aufgrund der sehr starken Licht-Materie-Wechselwirkung, dem minimalem Ressourcenverbrauch und der direkten Bandlücke sind TMDCs vielversprechende Kandidaten für Anwendungen wie LEDs, Laser, Photodetektoren, Solarzellen oder auch Transistoren.

An diesen hauchdünnen Materialien haben die UR-Physiker aus den Gruppen um Professor Dr. Christian Schüller und Professor Dr. Jaroslav Fabian erstmalig ultraschnelle quantenmechanische Oszillationen von verschiedenen Exzitonenarten beobachten k?nnen. Ultraschnell mag nach Science-Fiction klingen, ist jedoch in der experimentellen Physik ein g?ngiger Ausdruck für Vorg?nge, welche im Piko-, oder sogar Femtosekunden Zeitbereich stattfinden. Eine Pikosekunde entspricht dem millionsten Teil einer millionstel Sekunde (10-12 s). Besser vorstellbar ist das vielleicht als die Zeit, die Licht ben?tigt, um 0,3 Millimeter Weg zurückzulegen. In dem betrachteten System haben Exzitonen eine Lebensdauer von einigen 10 Pikosekunden.

Entscheidend: Polarisation des Lichtblitzes

Um die Dynamik dieser Quasiteilchen zu untersuchen, müssen diese deshalb mit einem deutlich kürzeren Lichtblitz erzeugt werden. Hierbei spielt die Polarisation des Lichtblitzes eine entscheidende Rolle, denn in den TMDCs ist die Polarisation des anregenden Lichts mit der Spin-Ausrichtung der Ladungstr?ger verknüpft. Ein Lichtquant mit linkszirkular polarisiertem Licht erzeugt immer ein Elektron mit Spin-up, welches wiederum ein Loch mit Spin-down hinterl?sst. Für rechtszirkular polarisiertes Licht verh?lt es sich genau andersherum. Die dadurch entstehenden Exzitonen haben insgesamt jedoch wieder einen Gesamtspin von Null, weil sich die Spins der einzelnen Komponenten aufsummieren. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网er Spin-Zustand wird als ?Pseudo-Spin‘ bezeichnet, da die Exzitonen trotz einem Gesamtspin von Null die Information der Spinausrichtungen von Elektron und Loch beinhalten. Der Pseudo-Spin ist also eine zus?tzliche quantenmechanische Eigenschaft der Exzitonen, welche direkt mit zirkular polarisiertem Licht adressiert werden kann. Somit entsteht ein sehr vielversprechender Informationstr?ger für optische Telekommunikation oder auch für Quanten-Computing. Die Regensburger Physiker konnten eine koh?rente Kopplung der beiden Pseudospin-Exzitonen-Spezies beobachten. Um eine genügend starke Kopplung der beiden Pseudo-Spin-Zust?nde zu erreichen, wurden Magnetfelder von bis zu 10 Tesla erzeugt: Das entspricht dem Hunderttausendfachen des Erdmagnetfelds.


Die Kopplung von Magnetfeld und Spins verursacht ein Hin- und Herschwappen zwischen den beiden Zust?nden. ?百利宫_百利宫娱乐平台¥官网 mag zun?chst nicht so aufregend erscheinen, ist aber aus physikalischer Sicht wirklich verblüffend“, sagt der Erstautor der Studie, Simon Raiber. ?Der beobachtete Effekt l?sst sich mit einem Kreisel vergleichen, der nach dem Andrehen immer wieder seine Drehrichtung wechselt.“ Der ?nderung der Drehrichtung entspr?che ein Wechsel des oben erkl?rten Pseudo-Spins. Aus der Periodendauer der Schwingung, also der Zeit, die es dauert, bis der Pseudo-Spin hin und her wechselt, kann darüber hinaus auch die energetische Verschiebung der exzitonischen Zust?nde sehr pr?zise bestimmt werden. Die Zust?nde unterscheiden sich je nach Anregungspolarisation nicht nur in ihrem Pseudo-Spin, sondern auch in ihrer Energie, was für diese Magnetfeldausrichtung bislang noch nicht bekannt war. Theoretische Modellierungen konnten die experimentell beobachtete Energie-Aufspaltung best?tigen. Die Untersuchungen bilden die Grundlage für die koh?rente Manipulation der Pseudo-Spins auf ultra-schneller Zeitskala. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网 k?nnte in der Zukunft die Realisierung sogenannter Quantengatter erm?glichen.

Originalpublikation

Ultrafast pseudospin quantum beats in multilayer WSe2 and MoSe2, Simon Raiber, Paulo E. Faria Junior, Dennis Falter, Simon Feldl, Petter Marzena, Kenji Watanabe, Takashi Taniguchi, Jaroslav Fabian and Christian Schüller, Nat. Commun. 13, 4997 (2022) DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-022-32534-3 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Zur Forschungsgruppe von Prof. Dr. Christian Schüller (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Zur Forschungsgruppe von Prof. Dr. Jaroslav Fabian (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Die Abbildung zeigt schematisch die Pseudospin-Oszillationen im externen Magnetfeld und die exzitonischen Quasiteilchen. Im Hintergrund sieht man ein schematisches Bild der Multilagenstruktur. 

Kontakt aufnehmen

Prof. Dr. Christian Schüller

Fakult?t für Physik
Telefon +49 941 943 2078
E-Mail: christian.schueller@ur.de

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