Mit der internationalen und interdisziplin?ren Konferenz ?The Social Life of Knowledge Infrastructures: Expert Groups, Social Networks, and Imagined Communities” schloss das vom Center für Transnational und Area Studies CITAS gef?rderte Forschungsnetzwerk KNOW IN - Knowledge Infrastructures an der Universit?t Regensburg vom 1. bis 3. M?rz 2023 seine offiziellen Netzwerkaktivit?ten. Ko-Koordinator*innen Dr. Carmen Dexl (Amerikanistik) und Dr. Christian Rei? (Wissenschaftsgeschichte) konzipierten die Tagung, die die Rolle von Infrastrukturen für Formen der Wissensproduktion untersuchte und Konzepte von Infrastrukturen von anderen verwandten Kategorien wie Expertengruppen, sozialen Netzwerken und (imaginierten) Gemeinschaften abgrenzte. Die Konferenz setzte zu diesem Zweck an der Schnittstelle von Area Studies und Science and Technology Studies an und führte Erkenntnisse zusammen, die sich aus unterschiedlichen disziplin?ren Perspektiven, institutionellen Zugeh?rigkeiten und kulturellen Hintergründen der Netzwerk-Mitglieder ergeben.
Soziales Leben und Infrastrukturen
Was hat es mit dem ?sozialen Leben in (Wissens-)Infrastrukturen“ auf sich? Dr. Christian Rei? skizziert zu Beginn der Konferenz die Multidimensionalit?t des Begriffs Infrastruktur in der Wissenschafts- und Technikgeschichte. Infrastruktur beschreibt gro?e soziotechnische Systeme, die für das Funktionieren zeitgen?ssischer Gesellschaften von zentraler Bedeutung sind, etwa Stromnetze, Verkehrs- und Mobilit?tssysteme wie Stra?en oder Flüsse, Flugh?fen, zentrale Wasserversorgungssysteme oder das Internet. Das Konzept Infrastruktur bezieht sich aber auch auf bestimmte Aspekte sozialer und kultureller Ph?nomene, denen infrastruktur?hnliche Eigenschaften zugeschrieben werden oder die der Funktionsweise von Infrastrukturen vergleichbar sind, beispielsweise Wissenspraktiken, soziale Praktiken oder Medien. Infrastrukturen sind demnach heterogene Gebilde aus einer Vielzahl menschlicher und nicht-menschlicher Akteure.
Den Beitrag, den das Forschungsfeld Area Studies an der Universit?t Regensburg für ein besseres Verst?ndnis infrastruktureller Wirkungsweisen leisten k?nnen, sieht Dr. Carmen Dexl vor allem in der Fokussierung auf Aspekte wie Kulturspezifik, transregionale Austauschprozesse und die Wechselwirkungen von globalen ?Flows‘ und lokalen Ph?nomenen begründet. Die Vortr?ge der Tagung konzentrieren sich vor diesem Hintergrund auf die Zusammenh?nge von Infrastrukturen, sozialer Agenz, Transregionali?t und Wissensproduktion. Die Panels widmeten sich der Rolle von Infrastrukturen bei der Produktion von sozialen Netzwerken, Mobilit?t und Wissen, der Rolle von Expert*innengruppen beim Betrieb von Flüssen und anderen natürlichen Infrastrukturen sowie der Rolle von infrastrukturellem Wissen im Bereich Bildung.
In den Keynote Lectures, pr?sentiert von internationalen Gastvortragenden, besch?ftige sich Dr. Nils Güttler (Universit?t Wien) mit dem Umweltwissen, das durch den Frankfurter Flughafen seit seiner Errichtung in den 1930er Jahren entstanden ist. Emily Brownell PhD (University of Edinburgh) zeigte, wie Wissen und Arbeit in einem Entwicklungsprojekt zum Stra?enbau in den 1970er und 1980er Jahren in Kenia zusammenhingen. Dr. Dominik Hünniger (Universit?t Hamburg) interessiert sich für die Rolle von Insektensammlungen in europ?ischen Naturkundemuseen im 18. Jahrhundert als Wissensinfrastruktur.
Die Welt westafrikanischer Migrant*innen
Die Stadtanthropologin Julie Kleinman, Associate Professor am Department of Sociology and Anthropology der Fordham University in New York, USA, lenkt den Blick einer ihrer Studien auf westafrikanischen Migrant*innen, die die st?dtische Infrastruktur in Paris umgestalten, um alternative Wege zur sozialen und wirtschaftlichen Integration zu schaffen, wo staatliche Institutionen au?en vor bleiben, manchmal auch versagen. In ihrem Er?ffnungsvortrag mit dem Titel ?Channel as Method: Making Migrant Worlds through Infrastructural Interdependency“ setzt sie sich mit der Beziehung zwischen der Funktionsweise von Infrastruktur, transnationaler Migration und urbanen Entwicklungen auseinander. Migration, st?dtischer Wandel, Arbeit, Infrastruktur, soziale Beziehungen und soziale Bewegungen werden miteinander verknüpft.
Gespeist von Feldforschung in Mali und Frankreich konzentriert sich Kleinman auf die Wege afrikanischer Migrant*innen von Bamako nach Paris: Sie analysiert, wie auf deren Routen Grenzen zu zuf?lligen Ph?nomenen werden, wie Infrastrukturen auch inhaltlich neu kreiert werden, wie ?phatic labor“ neue Kommunikationskan?le mit unterschiedlichsten Folgen ?ffnet. Kleinman will R?ume wie den Pariser Nordbahnhof, den Gare du Nord, metaphorisch verstanden wissen - ein besonderer Knotenpunkt, an dem Wege sich kreuzen, neue soziale Netzwerke geknüpft werden, im Kontext eines Aktivismus für die Rechte Abgeschobener und für eine neu m?glich gemachte Partizipation zurückkehrender Migrant*innen in der Politik und in Entwicklungsprojekten.
Infrastruktur und Area Studies
Kleinmans Keynote macht die von Dr. Carmen Dexl in der Er?ffnungsrede aufgezeigten Ziele der Konferenz deutlich: Aufzeigen, welchen Erkenntnisgewinn die Infrastrukturforschung durch die Berücksichtigung von Area-Studies-Anliegen – erzielen kann und wie dadurch ein besseres Verst?ndnis der Materialisierung oder des Funktionierens und Wirkens von Infrastrukturen erm?glicht werden kann. Zugleich gehe es darum, herauszuarbeiten, welche Tiefe die Area Studies durch die Betrachtung des Konzepts von Infrastruktur als einem unsichtbar funktionierenden System gewinnen k?nnen, auf dem, so Dexl, Prozesse des transnationalen Austauschs aufgebaut sind, einschlie?lich der Zirkulation von Objekten, Menschen, Gütern und Wissen.
Der Dank der Veranstalter*innen bei der Konferenzer?ffnung galt dem Pr?sidenten der Universit?t Regensburg, Professor Dr. Udo Hebel, der nicht nur Forschung über disziplin?re Grenzen hinweg, ?sondern auch in Zusammenarbeit mit angegliederten Institutionen und lokalen, nationalen und internationalen Partnerst?tten“ f?rdert und damit ein kollaboratives Forschungsprojekt wie KNOW IN überhaupt erst m?glich gemacht habe, so die Netzwerk-Koordinator*innen. Intensiv unterstützt wurde das Netzwerk ebenso wie die Konferenz von Dr. Birgit Hebel-Bauridl, Vorstandsmitglied des nun in ein Department for Interdisciplinary and Multiscalar Area Studies (DIMAS) an der Universit?t Regensburg überführte CITAS und von dem CITAS-, jetzt DIMAS-Manager Dr. Paul Vickers.
Informationen/Kontakt
Seit Mai 2020 finanzierte das CITAS (externer Link, ?ffnet neues Fenster) (Center for Inter- and Transnational Area Studies) an der Universit?t Regensburg zwei internationale und interdisziplin?re Forschungsnetzwerke mit und von Early Career Scholars: KNOW IN (externer Link, ?ffnet neues Fenster) - Knowledge Infrastructures, ko-koordiniert von Dr. Camen Dexl und Dr. Christian Reiss – Veranstalter*innen dieser Konferenz. Das zweite gef?rderte Netzwerk trug den Titel MS ISLA (externer Link, ?ffnet neues Fenster) - Mediterranean Studies on Island Areas, ko-koordiniert von Dr. Jonas Hock und Dr. Laura Linzmeier.
Zu DIMAS (externer Link, ?ffnet neues Fenster) – Department für Interdisziplin?re und Multiskalare Area Studies