Unternehmensskandale sind Ereignisse, die aus globaler Perspektive betrachtet relativ h?ufig und auch auf nationaler Ebene gar nicht so selten auftreten – man denke in Deutschland an den Abgas-Skandal der Volkswagen AG oder den Wirecard-Bilanzskandal. Prof. Dr. Gregor Dorfleitner, Inhaber des Regensburger Lehrstuhls für Finanzierung, hat zusammen mit seinen Mitarbeitern Dr. Christian Kreuzer und Christian Sparrer untersucht, welche Rahmenbedingungen in politischer, kultureller und unternehmerischer Hinsicht das Auftreten von Unternehmensskandalen wahrscheinlicher macht. Ihre vor Kurzem im renommierten Journal of Economic Behavior and Organization ver?ffentlichte Studie tr?gt den Titel: ?To sin in secret is no sin at all“, denn für einen Unternehmensskandal sind zwei Dinge entscheidend: Zum einen natürlich das unethische Handeln eines Unternehmens, zum anderen die Entdeckung, Offenlegung und ?ffentliche Kritik des regelwidrigen Verhaltens: H?tten die US-Beh?rden die Abgas-Aff?re nicht ?ffentlich gemacht, w?re Volkswagen wom?glich weiterhin ein Vorzeige-Unternehmen geblieben.
In der Regel kann man Unternehmensskandale einer der drei Dimensionen Umwelt (Environment), Soziales (Social) oder Unternehmensführung (Governance) zuordnen – den sogenannten ESG-Kriterien. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e drei Dimensionen haben sich im Rahmen des nachhaltigen Anlagemanagements etabliert und werden für ESG-Ratings herangezogen, die darüber Auskunft geben, wie nachhaltig ein Unternehmen arbeitet. Dorfleitner, Kreuzer und Sparrer nutzen die Daten eines ESG-Controversies-Ratings, um verschiedene politische, kulturelle, gesellschaftliche und unternehmensspezifische Determinanten zu analysieren, die mit Mustern unethischen Unternehmensverhaltens und deren Offenlegung zusammenh?ngen. Die herangezogene Datenbank erstellt für 5.700 b?rsennotierte Unternehmen aus 44 L?ndern für einen Zeitraum von 16 Jahren eine Rangliste, die Aufschluss darüber gibt, wie oft die Konzerne in Skandale verwickelt waren. An einem Ende der Skala stehen Unternehmen mit einem Score von 0, da sie skandalfrei geblieben sind; am anderen Ende liegen Konzerne mit einem Wert von über 100.
Das Ergebnis der Studie l?sst sich in drei Punkten zusammenfassen:
- Unternehmen in L?ndern mit einem stabilen Politik- und Rechtssystem sind weniger h?ufig in Unternehmensskandale verwickelt.
 - Des Weiteren gibt es auch kulturelle Einflussfaktoren. So ist beispielsweise in L?ndern, deren Kultur stark individualistisch gepr?gt ist, das Auftreten von Unternehmensskandalen wahrscheinlicher.
 - Gr??ere Unternehmen und Unternehmen mit hohen ESG-Ratings haben mehr Skandale als kleinere und jene mit niedrigeren ESG-Scores.
 
?berraschend ist insbesondere das letzte, von den Autoren als Janus-Ph?nomen bezeichnete Ergebnis. Für diesen Effekt gibt es mehrere Erkl?rungsans?tze: Zum einen hat das unethische Verhalten eines gr??eren Unternehmens mit guter Reputation einen h?heren Nachrichtenwert, ihr Verhalten wird kritischer be?ugt, Regelverst??e werden eher offengelegt und skandalisiert – siehe Volkswagen. Eine andere Erkl?rung ist der Versuch des Greenwashing oder ESG-Washing, was bedeutet, dass die vermeintlich guten ESG-Werte gef?lscht sind. Nicht zuletzt sind gr??ere Unternehmen in der Regel in mehreren Bereichen aktiv, was wiederum die Chance erh?ht, in einem dieser Bereiche einen Skandal auszul?sen.
Für Anleger und andere Stakeholder von Unternehmen k?nnte die Studie einen ganz praktischen Nutzen haben: Das entwickelte Erkl?rungsmodell kann auch für die Prognose der Wahrscheinlichkeit zukünftiger Skandale verwendet werden.
Originalpublikation
Gregor Dorfleitner, Christian Kreuzer, Christian Sparrer: To sin in secret is no sin at all: On the linkage of policy, society, culture, and firm characteristics with corporate scandals Journal of Economic Behavior & Organization, Volume 202, 2022, S. 762-784
DOI: https://doi.org/10.1016/j.jebo.2022.08.027 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Die Publikation kann noch bis Ende Oktober 2022 kostenlos unter folgender Web-Adresse heruntergeladen werden: https://authors.elsevier.com/a/1fj%7EFc24a-eQ8 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Kontakt aufnehmen
Universit?t Regensburg
 Lehrstuhl für Finanzierung
 Prof. Dr. Gregor Dorfleitner
 E-Mail: gregor.dorfleitner@ur.de