Wirft man einen Ball in die Luft, kann man ihm stufenlos Energie mitgeben, sodass er mehr oder weniger H?he gewinnt. Zu den Merkwürdigkeiten der Quantenphysik geh?rt, dass Teilchen, z.B. Elektronen, oft nur quantisierte Energiewerte annehmen k?nnen. Das ist so, als würde der Ball auf einer Leiter springen und nur bestimmte H?hen einnehmen, beispielsweise 1 m, 2 m oder 3 m. Qubits und Quantencomputer sowie Licht emittierende Quantenpunkte (Nobelpreis 2023) machen sich dieses Prinzip zunutze. Allerdings k?nnen elektronische Energieniveaus durch St??e mit anderen Elektronen oder Atomen verschoben werden. Vorg?nge der Quantenwelt spielen sich meist auf atomaren Ma?st?ben ab und sind zudem unfassbar schnell. Einem Team der Universit?t Regensburg ist es nun mit einem neuartigen ultraschnellen Mikroskop gelungen, mit atomarer Aufl?sung auf ultraschneller Zeitskala direkt zu beobachten, wie die Energie eines einzelnen Elektrons durch die Schwingungen der umgebenden Atome moduliert wird. Mehr noch – sie konnten diesen Vorgang auch gezielt kontrollieren. Solche Entdeckungen k?nnten entscheidend sein, um superschnelle Quantentechnologien zu entwickeln.
Die Physiker*innen erforschten an einer atomar dünnen Materiallage, wie sich ein diskretes Energieniveau ver?ndert, wenn sich diese atomare Lage wie eine Trommelmembran auf und ab bewegt. Das beobachteten sie an einer Fehlstelle – die Lücke, die entsteht, wenn ein Atom aus einem Material entfernt wird. Solche atomar dünnen zweidimensionalen Kristalle, bekannt für ihre vielseitig anpassbaren elektronischen Eigenschaften, sind besonders interessant für künftige Nanoelektronik. Fehlende Atome in einem Kristall sind hei?e Kandidaten für Qubits, die elementaren Informationstr?ger eines Quantencomputers, da sie genau wie einzelne Atome diskrete elektronische Energieniveaus besitzen. Die Forschenden stellten fest, dass sie ein diskretes Energieniveau der Fehlstelle durch Ansto? einer ?Trommelschwingung“ ver?ndern k?nnen: die atomare Bewegung der atomar dünnen Materiallage beeinflusst das diskrete Energieniveau und kann somit das Energieniveau kontrollieren. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Nature Photonics ver?ffentlicht.
Um diese bahnbrechende Entdeckung zu machen, mussten die Forscher*innen einige Hürden überwinden. Für die Beobachtung atomar lokalisierter Energieniveaus und ihrer Dynamik ben?tigt man atomare Ortsaufl?sung von 1 ?ngstr?m (1 ? = 0,000 000 000 1 m). Au?erdem l?uft Bewegung im Nanokosmos unfassbar schnell ab. ?Um aufzuzeichnen, wie sich so ein Energieniveau verschiebt, muss man stroboskopisch Schnappschüsse des Energieniveaus machen, wobei jede Momentaufnahme in weniger als einer billionstel Sekunde entstehen muss, schneller als eine Pikosekunde (1 ps = 0,000 000 000 001 s)“, erkl?rt Erstautorin Carmen Roelcke. All diese Herausforderungen meisterte das Team um Carmen Roelcke, Dr. Lukas Kastner und Dr. Yaroslav Gerasimenko in einer raffinierten Methode, bei der sie die Energie- und Ortsaufl?sung eines Rastertunnelmikroskops nutzen. Gleichzeitig erm?glichen ma?geschneiderte ultrakurze Laserpulse, sehr schnelle Bewegungen in Zeitlupe aufzunehmen. Dabei schaffte das gebündelte Know-how der Gruppen von Prof. Dr. Jascha Repp und Prof. Dr. Rupert Huber die entscheidende Synergie für das ben?tigte ultraschnelle Quantenmikroskop. ?Mit unserer neuartigen Methode konnten wir den Zusammenhang zwischen der strukturellen Bewegung der atomaren Trommelmembran und der Verschiebung des lokalisierten Energieniveaus in Zeitlupe entschlüsseln“, fasst Yaroslav Gerasimenko die Ver?ffentlichung zusammen. Quantentheoretische Rechnungen von Maximilian Graml und Dr. Jan Wilhelm erkl?ren schlüssig, warum und wie sich die Atome in der atomar dünnen Lage w?hrend der Schwingung bewegen und wie diese Bewegung die diskreten Energieniveaus beeinflussen kann.
Die Arbeit im Regensburger Team begründet eine neue ?ra zur Erforschung von Dynamik atomar lokalisierter Energieniveaus und ihrer Wechselwirkung mit ihrer Umgebung. {web_name}e Entdeckung erm?glicht es, diskrete Energieniveaus unmittelbar lokal zu kontrollieren. Beispielsweise k?nnte durch die Bewegung einzelner Atome die Energiestruktur eines Materials ver?ndert werden und dadurch neue Funktionalit?ten entstehen oder gezielt Eigenschaften Licht emittierender Halbleiter und Moleküle ver?ndert werden. Man erhofft sich, durch die kombinierte extreme Raum-, Zeit- und Energieaufl?sung zu verstehen, wie Elektronen mit Schwingungen des Kristallgitters lokal wechselwirken. {web_name}er Ansatz k?nnte auch helfen, die Geheimnisse von Schlüsselprozessen zu lüften, die hinter bisher noch unverstandenen Phasenüberg?ngen wie der Hochtemperatur-Supraleitung stecken.
Originalver?ffentlichung:
Carmen Roelcke, Lukas Z. Kastner, Maximilian Graml, Andreas Biereder, Jan Wilhelm, Jascha Repp, Rupert Huber & Yaroslav A. Gerasimenko, Ultrafast atomic-scale scanning tunnelling spectroscopy of a single vacancy in a monolayer crystal.
In: Nature Photonics. DOI: https://www.nature.com/articles/s41566-024-01390-6 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Kontakt aufnehmen
Prof. Dr. Rupert Huber
Fakult?t für Physik
Universit?t Regensburg
Tel.: +49 941 943 2070
E-Mail: Rupert.Huber@ur.de
Prof. Dr. Jascha Repp
Fakult?t für Physik
Universit?t Regensburg
Tel.: +49 941 943 4201
E-Mail: Jascha.Repp@ur.de