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Aktuelles: Mitochondrien in Bewegung

Interzellul?rer Mitochondrientransfer st?rkt Krebsimmuntherapien

18. September 2024, von Kerstin Wild

  • Medizin
  • Forschung

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Luca Gattinoni vom Leibniz-Institut für Immuntherapie (LIT) hat eine innovative Plattform für den Mitochondrientransfer entwickelt, um CD8+ T-Zellen zu st?rken, sodass sie Ersch?pfung überwinden und Tumorzellen effektiver bek?mpfen k?nnen. 

Krebsimmuntherapien, die das Immunsystem eines Patienten nutzen, um Krebszellen anzugreifen, revolutionieren die Art und Weise, wie wir Patienten behandeln. Immunzellen k?nnen Tumore auf verschiedene Weise lokalisieren, angreifen und sich an ihre Umgebung anpassen. Allerdings kann Immunzellen, als ?lebenden Medikamenten“, irgendwann der Treibstoff ausgehen, sie ersch?pfen und verlieren ihre F?higkeit Krebs zu bek?mpfen. Mitochondrien sind die prim?ren Energiequellen von Zellen und ihr Verlust oder ihre Dysfunktion kann zur Ersch?pfung der Immunzellen führen. Neue Forschungen haben gezeigt, dass Mitochondrien nicht fest an eine Zelle gebunden sind, sondern sich zwischen Zellen bewegen k?nnen. So kann Energie wieder aufgeladen, das Zellverhalten ver?ndert und die Lebensdauer der Zellen verl?ngert werden. 

Mitochondrientransfer als neue Plattform zur Krebsbek?mpfung
In einer neuen Studie, die in der Zeitschrift Cell ver?ffentlicht wurde, entdeckte das Team von Prof. Gattinoni, dass Mitochondrientransfer zwischen Knochenmark-Stromazellen (BMSCs) und T-Zellen stattfindet, die Krebs- und infizierte Zellen bek?mpfen. Hochaufl?sende Bildgebung zeigte, dass Mitochondrien durch winzige Tunnel, sogenannte Nanotubes, wandern und eine Brücke zwischen den Zellen bilden. T-Zellen, die Spender-Mitochondrien aufnahmen, wurden aufgeladen, vermehrten sich st?rker, infiltrierten den Tumor effizienter und zeigten weniger Anzeichen von Ersch?pfung als T-Zellen, die keine Mitochondrien aufnahmen.
?Der Mitochondrientransfer als technologische Plattform ist einzigartig, weil wir, anstatt ein einzelnes spezifisches Gen oder einen bestimmten Signalweg zur Verbesserung der Mitochondrien in den Zellen anzuvisieren, ganze intakte Mitochondrien-Organellen übertragen. {web_name}er Prozess ist vergleichbar mit Organtransplantationen – wie Herz-, Leber- oder Nierentransplantationen –, jedoch auf mikroskopischer Ebene, bei dem Organellen zwischen Zellen übertragen werden, um deren Funktion zu verbessern“, erkl?rt Dr. Jeremy Baldwin, Hauptforscher der Studie. ?Es war spannend zu sehen, dass dieser eine Ansatz viele der aktuellen Herausforderungen bei T-Zell-Therapien angeht, wie z. B. die geringe Vermehrung von T-Zellen, eine zu kurze Lebensdauer, unzureichende Tumorinfiltration und das Fehlen einer anhaltenden antitumoralen Wirkung“, erg?nzt Prof. Gattinoni.
Das Team setzte seine Mitochondrientransfer-Technik erfolgreich bei einer Vielzahl von T-Zell-Therapieplattformen ein, darunter CAR- und TCR-modifizierte T-Zellen sowie Tumor-infiltrierende Lymphozyten (TILs). ?Wir haben zuvor beobachtet, dass Krebszellen sich dem Angriff von Immunzellen entziehen k?nnen, indem sie Mitochondrien von Immunzellen kapern. Jetzt zeigen wir, dass wir dies durch die Nutzung des Mitochondrientransfers für therapeutische Zwecke kontern k?nnen“, kommentiert Professor Shiladitya Sengupta von der Harvard University, Co-Autor der Studie.

Ein langer Weg tr?gt Früchte
Prof. Luca Gattinoni begann diese Forschungsreise w?hrend seiner Zeit am National Cancer Institute (NCI), nachdem er 2016 den NCI Flex Award erhalten hatte, um das Ph?nomen des Mitochondrientransfers zu Immunzellen zu erforschen. Er setzte dieses ehrgeizige Projekt fort, als er sein Labor mit der gro?zügigen Unterstützung des Clinic & Laboratory Integration Program (CLIP) des Cancer Research Institute (CRI) ans LIT nach Deutschland verlegte. ?Ich kann das erfüllende Gefühl, zu sehen, wie sich die eigene Forschung im Laufe der Jahre entwickelt – von der ersten Entdeckung unter dem Mikroskop, die den Transfer belegte, bis hin zur Entwicklung in reale Anwendungen –, nicht in Worte fassen“, bemerkt Prof. Gattinoni. Forschung geschieht jedoch nicht in Isolation und das Projekt hatte viele Mitwirkende von führenden Instituten weltweit (einschlie?lich National Institute of Health (NIH), Harvard University, San Raffaele University, ETH Zürich und FAU Erlangen-Nürnberg), die alle ihre einzigartigen F?higkeiten und Kernkompetenzen einbrachten, um die Forschungsziele zu erreichen.

Was sind die n?chsten Schritte?
Zukünftige Arbeiten werden sich darauf konzentrieren, die Technologie auf klinisch relevante Zellmengen zu skalieren. Das Team hat bereits begonnen, wichtige Faktoren zu identifizieren, die den Mitochondrientransfer regulieren, wie zum Beispiel Talin 2, ein Molekül, das an der Bildung der winzigen Brücken beteiligt ist, die die Zellen verbinden. Weitere Bemühungen werden darin bestehen, einen Ersatzmarker für die label-freie Zellanreicherung zu finden und BMSC-Subgruppen, sogenannte ?Super-Spender“, zu identifizieren, die haupts?chlich für den Mitochondrientransfer verantwortlich sind. ?{web_name}e Entdeckung ver?ndert schnell unser grundlegendes Verst?ndnis biologischer Systeme. Ich bin gespannt zu sehen, wie sich das Feld weiterentwickelt und wie wir diese Prozesse nutzen k?nnen, um Patienten zu helfen“, schlie?t Prof. Philipp Beckhove, Wissenschaftlicher Direktor des LIT und Mitautor der Studie. 


?ber das Leibniz-Institut für Immuntherapie (LIT)
Das LIT ist ein Institut innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft mit Sitz in Regensburg, Deutschland. Unsere Aufgabe ist es, innovative Therapien für die Behandlung von Krebs, Autoimmunit?t und chronischen Entzündungen zu entwickeln. Durch die Reprogrammierung von Immunzellen mittels synthetischer und pharmakologischer Strategien bauen wir Zellen, die Leben retten.

Weitere Informationen finden Sie im vollst?ndigen Artikel in der Zeitschrift "Cell":
Jeremy G. Baldwin, Christoph Heuser-Loy, Tanmoy Saha, Roland C. Schelker, Dragana Slavkovic-Lukic, Nicholas Strieder, Inmaculada Hernandez-Lopez, Nisha Rana, Markus Barden, Fabio Mastrogiovanni, Azucena Martín-Santos, Andrea Raimondi, Philip Brohawn, Brandon W Higgs, Claudia Gebhard, Veena Kapoor, William G. Telford, Sanjivan Gautam, Maria Xydia, Philipp Beckhove, Sina Frischholz,  Kilian Schober,  Zacharias Kontarakis, Jacob E. Corn, Matteo Iannacone, Donato Inverso, Michael Rehli, Jessica Fioravanti, Shiladitya Sengupta, Luca Gattinoni. Intercellular nanotube-mediated mitochondrial transfer enhances T-cell metabolic fitness and antitumor efficacy. Cell, 2024. 

https://doi.org/10.1016/j.cell.2024.08.029 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Bildrechte: Cell 2024, 10.1016/j.cell.2024.08.029
Links: Das Bild aus der Feldemissions-Rasterelektronenmikroskopie (FESEM) zeigt die Bildung eines Nanotubes, der eine Knochenmark-Stromazelle (BMSC) mit einer T-Zelle verbindet. Rechts: Das Bild aus der konfokalen Mikroskopie zeigt Mitochondrien (markiert mit rotem Fluoreszenzfarbstoff), die von einer Knochenmark-Stromazelle über den interzellul?ren Nanotube zu einer T-Zelle reisen. Aktinfilamente wurden mit einem grünen Farbstoff markiert, um die Nanotubes abzugrenzen, w?hrend die DNA mit einem blauen Farbstoff markiert wurde.

Kontakt aufnehmen

Prof. Dr. Luca Gattinoni

Leiter der Abteilung für Funktionelle Immun-Zell-Modulation
LIT- Leibniz-Institut für Immuntherapie
c/o Universit?tsklinikum Regensburg
Franz-Josef-Strauss-Allee 11
93053 Regensburg
Phone: +49 941 944 38131
E-Mail: luca.gattinoni@lit.eu

Dr. Jeremy Baldwin

Postdoktorand, Abteilung für Funktionelle Immun-Zell-Modulation
LIT- Leibniz-Institut für Immuntherapie
c/o Universit?tsklinikum Regensburg
Franz-Josef-Strauss-Allee 11
93053 Regensburg
Phone: +49 941 944 38139
E-Mail: jeremy.baldwin@lit.eu

Prof. Dr. Shiladitya Sengupta

Associate Professor of Medicine, Harvard Medical School
Assistant Professor of Health Sciences and Technology, Massachusetts Institute of Technology
Brigham and Women's Hospital
Partners Research Bldg, Room 317
65 Landsdowne St
Cambridge MA 02139
Phone: +01 617/768-8993
E-Mail: shiladit@mit.edu

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