Ein Wissenschaftler*innenteam rund um Prof. Dr. Tanja Gulder vom Institut für Organische Chemie der Universit?t Leipzig und Prof. Dr. Dominik Horinek vom Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universit?t Regensburg hat eine vereinfachte und effiziente Methode entwickelt, um Terpene künstlich herzustellen. Terpene sind eine umfangreiche und vielf?ltige Klasse von Naturstoffen. Sie erfüllen entscheidende Rollen bei der Kommunikation und dem Stoffwechsel, angefangen von Insekten, bis hin zu uns Menschen oder in Verteidigungsmechanismen, wie dem Schutz von Pflanzen gegen Fressfeinde, Pilze und Bakterien. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Terpene auch im gro?en Ma?stab industriell verwendet werden: Sei es als Geruchsstoff in Parfüms, in der Lebensmittelindustrie oder bei der Herstellung von Krebsmedikamenten, die Anwendungsgebiete sind zahlreich und es werden j?hrlich unterschiedlichste Terpene im Tonnenma?stab ben?tigt. Ihre Gewinnung basierte leider bislang meist auf Ausgangsszenarien mit harschen Bedingungen oder basiert auf der Extraktion natürlicher Substanzen. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in dem international renommierten Fachmagazin ?Nature Communications“ ver?ffentlicht.
Das Vorgehen der Wissenschaftler*innen folgt einem flexiblen Baukastenprinzip, was erlaubt, ausgehend von einfachen und gut verfügbaren Startmaterialien, gezielt die jeweils ben?tigten Naturstoffe herzustellen und kann somit leicht in bestehenden Laboren eingesetzt werden. Um dies zu erreichen hat das Team die in der Natur enzymatisch vorkommenden Prozesse mit Hilfe von Katalysatoren in fluorierten Alkoholen nachgebildet.
Das Problem der r?umlichen Anordnung: Die L?sung der Natur
Es gibt Terpene, die sich in Bezug auf Art und Anzahl ihrer Atomverbindungen gleichen – deren r?umliche Anordnungen jedoch unterschiedlich sind. ?Solche atomaren Unterschiede entscheiden im einfachen Falle, ob etwas nach Kümmel oder Orange schmeckt“, so Prof. Dr. Gulder. Solche Unterschiede k?nnten aber auch bedeuten, dass ein Terpen v?llig anders im menschlichen Organismus wirkt als das andere. Irrtümer hier k?nnen sich fatal auswirken. Die Natur schafft es jedoch problemlos die jeweils ben?tigte Variante herzustellen. Dabei bedient sie sich sogenannter Terpencyclasen. Dabei handelt es sich um Enzyme, die in biologischen Reaktionen die jeweilige bewegliche Kohlenstoffkette in eine dreidimensionale Form zw?ngen, die das Produkts nach der Reaktion bestimmt. Danach ist das entstandene Terpen unver?nderbar.
Die neue L?sung im Labor: Flüssigbaukasten mit fluorierten Alkoholen
Dem Team gelang es, eine passgenaue, enzym?hnliche Umgebung für die Bildung von Terpenen zu designen, die aus leicht verfügbaren chemischen Substanzen besteht. Je nach unterschiedlichen Ausgangstoffen und Zus?tzen, die als Katalysatoren fungieren, k?nnen unterschiedliche Terpene künstlich hergestellt werden. Dreh- und Angelpunkt der neuen Herangehensweise sind die Eigenschaften von fluorierten Alkoholen: ?hnlich wie die Terpencyclasen der Natur ist es damit m?glich r?umliche Anordnungen der Kohlenstoffgerüste zu beeinflussen und somit genau auf die jeweils gewünschten Produkte zu anzupassen.
Die Frage, warum dies geschieht, war Schwerpunkt der Arbeiten der Regensburger Gruppe um Prof. Dr. Horinek. ?Mittels Computersimulationen konnten wir feststellen, dass sich in dem fluorierten Alkohol im Gegensatz zu den ansonsten verwendeten L?semitteln die ionischen Katalysatormoleküle zu faszinierenden Strukturen, die weit über einzelne Moleküle hinausgehen zusammenlagern: So bilden sich beispielsweise Netzwerke, Helices oder Ringe aus“, erkl?rt Philipp Dullinger, der im Rahmen des DFG gef?rderten Graduiertenkollegs ?RTG 2620 - Ionenpaare in Reaktion“ an seiner Promotion arbeitet.
Die Resultate zu den gefundenen Strukturen bet?tigten, dass die Konformation bei der Terpensynthese analog zu Enzymen durch übermolekulare Strukturen beeinflusst werden kann.
Originalpublikation in "Nature Communications":
Arnold, A.M., Dullinger, P., Biswas, A. et al. “Enzyme-like polyene cyclizations catalyzed by dynamic, self-assembled, supramolecular fluoro alcohol-amine clusters”. Nature Communications 14, 813 (2023). https://www.nature.com/articles/s41467-023-36157-0 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Kontakt aufnehmen
Prof. Dr. Dominik Horinek
Institut für Physikalische und Theoretische Chemie
Universit?t Regensburg
Tel.: +49 (0)941 943 4745,
E-Mail Dominik.Horinek@ur.de
http://www.ur.de/Fakultaeten/nat_Fak_IV/Physikalische_Chemie/Horinek/