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Aktuelles: Gemeinschaftsprojekt gegen Krebs

UR-Forscher und ?rzte des Uniklinikums entwickeln neuartiges Screening-Tool zur Verbesserung von Tumor-Behandlungen

21. Februar 2023, von Bastian Schmidt

  • Biologie und Vorklinische Medizin
  • Medizin
  • Forschung

Das Pankreas (die Bauchspeicheldrüse) ist eines der gr??ten Drüsen des menschlichen K?rpers. Es liegt hinter dem Magen, quer im Oberbauch und produziert Verdauungsenzyme und Hormone. Jedes Jahr erkranken nach Angaben des Robert-Koch-Instituts ca. 19.000 Menschen an einem Pankreas-Karzinom. Die Fünfjahresüberlebensrate betr?gt nur 8-10%, somit z?hlt das Pankreas-Karzinom zur vierth?ufigsten Todesursache unter allen Krebsarten. Aus diesem Grund ist es wichtig, durch Forschung neue Erkenntnisse zu erhalten, um dadurch neue Therapiemethoden entwickeln zu k?nnen.
Besonders das metastasierte Pankreas-Karzinom wird als nicht heilbar angesehen. In diesem Fall hat der Tumor bereits Zellen in das Blut abgegeben, die an anderer Stelle im K?rper Metastasen bilden k?nnen. Eine schnelle Diagnostik und ein schneller Therapiebeginn sind hier ?u?erst wichtig. Nach der operativen Entfernung des Tumors erhalten Patienten eine adjuvante Chemotherapie, um noch im K?rper befindliche Tumorzellen zu vernichten. Dennoch entwickelt das Pankreas-Karzinom h?ufig eine Resistenz gegenüber der Behandlung. Daneben gibt es auch zielgerichtete, personalisierte Therapieverfahren, die wichtige Signalwege des Tumors beeinflussen. Trotz der unterschiedlichen Therapiemethoden gab es innerhalb der letzten 30 Jahre keinen signifikanten Durchbruch bei der Therapie des Pankreas-Karzinoms.
Die Arbeitsgruppen von Frau Prof. Dr. Silke H?rteis (Lehrstuhl für Molekulare und Zellul?re Anatomie, Univ. Regensburg), Herrn Prof. Dr. Thiha Aung (Lehrstuhl für Molekulare und Zellul?re Anatomie, Univ. Regensburg; Technische Hochschule Deggendorf), Herrn Prof. Dr. Christoph Brochhausen-Delius (ehemals Institut für Pathologie der UR, jetzt Direktor des Pathologischen Instituts am Universit?tsklinikum Mannheim) und Frau Prof. Dr. Christina Hackl (Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universit?tsklinikum Regensburg)  widmen sich diesem wichtigen Thema in einem Forschungsprojekt, welches im Rahmen des F?rderprogramms ?Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK; Projektform FuE-Kooperationsprojekte; AiF Projekt GmbH) mit einer ? Million Euro gef?rdert wird.

In dem Projekt wird ein neuartiges Screening-Tool entwickelt: eine Drug-Screening-Plattform. Damit wird es zu jedem Behandlungszeitraum m?glich sein, die Wirkung der Therapeutika auf die Tumore zu ermitteln, um anschlie?end die bestm?gliche Therapie durchführen zu k?nnen. Hierfür haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Universit?t und Klinikum mit weiteren Kooperationspartnern aus Klinik und Industrie zusammengeschlossen, um verschiedene innovative Methoden zu kombinieren.  
Zur Gewinnung der Proben für das Projekt, werden am Universit?tsklinikum Regensburg Patienten und Patientinnen bei der Aufkl?rung über die geplante Behandlung und über die M?glichkeit an der Studie teilzunehmen informiert. Frau Prof. Dr. Christina Hackl (Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universit?tsklinikum Regensburg) koordiniert den Studien-bezogenen Ablauf innerhalb der chirurgischen Abteilung. Stimmt ein Patient der Teilnahme zu, k?nnen Blut- und Tumorproben, die nicht für diagnostische Zwecke ben?tigt werden, sofort im Anschluss an die pr?operative bzw. operative Entnahme zum Projektpartner gebracht werden. 
Aus dem Blut von Patienten wird beim Projektpartner simfo GmbH aus Bayreuth die Subpopulation der Tumorzellen isoliert, um aus den Zellen sogenannte Tumorsph?ren (kugelartig Zellkolonien) wachsen zu lassen. Die Firma simfo GmbH besitzt bereits eine jahrelange Erfahrung in der morphologischen, molekularbiologischen und funktionellen Charakterisierung von ins Blut abgegebenen Zellen aus soliden epithelialen Tumoren. 
In der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. H?rteis und Prof. Dr. Aung werden die erhaltenen Tumorsph?ren und das Prim?rmaterial des Pankreastumors dann mittels Chorion-Allantois-Membran-Modell (CAM-Modell) kultiviert. Die Tumorsph?ren und das Tumorgewebe werden als sogenannte ?patient-derived xenografts“ (PDX) auf der CAM Membran gezüchtet, welche die Tumorzellen und das Tumorgewebe wie eine Plazenta ern?hren. 

Durch den Versuchsaufbau kann das Tumorwachstum zu jeder Zeit bewertet werden. So k?nnen die Wirksamkeit und Selektivit?t von etablierten und auch neuen Therapeutika auf das Wachstum der Tumorzellen sowie auf Angiogeneseprozesse (Bildung neuer Blutgef??e) und das Einwachsen des Tumors in das umliegende Gewebe direkt analysiert werden. Auch Resistenzen auf Therapeutika k?nnen auf diesem Weg erkannt werden. 

Die exakte Charakterisierung des Tumorgewebes und der Tumorzellen findet zu einem Teil im Institut für Pathologie in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Brochhausen-Delius durch strukturelle und ultrastrukturelle Analysen statt. Dort werden mit den Tumorsph?ren und dem Tumorgewebe histologische, immunhistologische und elektronenmikroskopische Untersuchungen durchgeführt. Dafür werden mit den unterschiedlichen Proben aus dem CAM Modell Schnittpr?parate erstellt. Die Proben werden mit dem M8 Mikroskop (PreciPoint GmbH) gescannt, um ?bersichtsaufnahmen der Schnittpr?parate, sogenannte ?Whole Slide Images“ (WSI), für die Analysen herzustellen. Mit Hilfe von Serienschnitten kann zudem eine 3D-Rekonstruktion der immunhistologisch angef?rbten Blutgef??e durchgeführt werden, um das Gef??system und dessen Verzweigungen genauer darzustellen. Durch die Analysen k?nnen schlie?lich Aussagen über funktionale Moleküle, Wachstum des Tumors und der Blutgef??e getroffen werden, um so ein tieferes Verst?ndnis über die Blutversorgung des Tumors und seines Aufbaus, auch im Vergleich zu metastasierten Tumoren, zu erhalten. 
Ein weiterer Teil der histologischen und molekularbiologischen Analysen findet im Labor von Frau Prof. Dr. Hackl statt, die auch eine quantitative Auswertung der Proliferationsf?higkeit, Angioinvasion, Gewebeinvasion und dem Ansprechen auf die Chemotherapie durchführt. Parallel dazu erfolgt durch Frau Prof. Hackl die kontinuierliche Nachsorge der Patienten im Rahmen der chirurgisch-onkologischen Sprechstunde sowie die Korrelation des klinischen Verlaufs mit den durch das Projekt erhobenen Tumorcharakteristika.
Der Industriepartner PreciPoint GmbH aus Freising wird eine Online-Plattform schaffen und erm?glicht dadurch die virtuelle Vernetzung der Chirurgie, Labormedizin, Anatomie, Pathologie und der Grundlagenforschung. Mit Hilfe der Plattform k?nnen die Metadaten, Befunddaten und Bilddaten direkt geteilt werden und die unterschiedlichen Abteilungen dadurch schnell und effektiv zusammenarbeiten. Mit der Entwicklung neuer Algorithmen werden strukturelle Analysen der Daten und das Wirkstoffscreening der Proben mit bestimmten Charakteristika erm?glicht. Eine weitere Neuerung wird eine Kombination aus Hellfeld- und fluoreszenzbasierter Mikroskopie sein, um die Darstellung der Bilder und die Ansicht zwischen unterschiedlichen Aufnahmemodi zu erleichtern.
Ziel der Drug-Screening-Plattform ist es schlie?lich, innerhalb eines für den betroffenen Patienten sehr kurzen Zeitraums die beste Therapieoption mit den geringsten Nebenwirkungen zu ermitteln, um die Behandlung von Pankreas-Karzinomen und letztlich auch weiteren Tumoren in Zukunft zu verbessern.

Weiterführende Links:

https://simfo.de/de (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

https://precipoint.com/ (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Workflow der Analysen, der die Zusammenarbeit der beteiligten Partner darstellt. Die farbliche Bezeichnung der einzelnen Workflows entspricht dem ausführenden Partner. Links im Bild ist der Farbschlüssel des jeweiligen Partners dargestellt.
Wachstum von Tumorsph?ren aus Blutproben von Patienten im 3D-in-vivo-Tumormodell
Fotos und Bilder der LASCA-Angiogenese-Messung eines Tumors auf der CAM. Die Farbleiste veranschaulicht die Blutflussrate und der wei?e Ma?stabsbalken steht für 1 mm.

Kontakt aufnehmen

Prof. Dr. Silke H?rteis

Lehrstuhl für Molekulare und Zellul?re Anatomie
Universit?t Regensburg
Tel.: +49 (0)941 943-2879
E-Mail: silke.haerteis@ur.de

Prof. Dr. Christoph Brochhausen-Delius

Direktor des Pathologischen Instituts am Universit?tsklinikum Mannheim
Lehrstuhl für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie der Medizinischen Fakult?t Mannheim der Universit?t Heidelberg
Tel.: +49 (0)621 383 2275 (Sekretariat)
E-Mail: Christoph.Brochhausen-Delius@medma.uni-heidelberg.de

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