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Aktuelles: Rettet das Coronavirus SARS-CoV-2 das Klima?

03. April 2020, von Margit Scheid

Heruntergefahrene Produktion, leere Stra?en, weniger Flüge: Die vom Coronavirus SARS-CoV-2 ausgel?ste COVID-19-Pandemie bremst uns derzeit ganz sch?n aus – und damit auch unseren CO2-Aussto?. K?nnte es also sein, dass das Virus, so hart es auch die Menschheit trifft, gut für das Klima ist? Wir haben Prof. Dr. Florian Hartig gefragt. Der Regensburger Professor für Theoretische ?kologie besch?ftigt sich unter anderem mit der Simulation von Klimawandelfolgen in ?kosystemen.

Herr Professor Hartig, das Coronavirus zwingt einen Gro?teil der Menschheit in eine Auszeit. Das hei?t auch, dass wir weniger CO2 produzieren. Sind das gute Nachrichten fürs Klima?

Prof. Dr. Florian Hartig: Nein, das kann man so nicht sagen. Es ist zwar richtig, dass als Nebeneffekt der COVID-19 Pandemie gerade deutlich weniger CO2, und übrigens auch weniger Feinstaub und Stickoxide emittiert werden. Wenn wir aber nach der Epidemie so weitermachen wie bisher, ist kein signifikanter Effekt auf den Klimawandel zu erwarten.

Warum ist das so?

Der Grund ist die Tr?gheit des Klimasystems. Einmal ausgesto?ene Treibhausgase werden in der Atmosph?re nur sehr langsam, bestenfalls über Jahrzehnte, abgebaut. Eine kurzfristige Reduktion der Emissionen ver?ndert die CO2 Konzentration in der Atmosph?re daher nur minimal, d.h. der Klimawandel geht bei einem kurzen Einbruch fast unver?ndert weiter.

Was müsste denn passieren, damit es langfristig einen positiven Effekt auf den Klimawandel gibt?

Wir müssten unsere Emissionen dauerhaft und sehr viel st?rker als bisher reduzieren. Der IPCC (The Intergovernmental Panel of Climate Change) hat m?gliche Emissionspfade in seinem 2018 erschienenen Sonderbericht 1,5 °C globale Erw?rmung vorgezeichnet. Um die Erderw?rmung im Mittel auf 1,5 °C zu beschr?nken, müssten wir demnach die weltweiten Nettoemissionen sp?testens innerhalb der n?chsten 30 Jahre auf null drücken.

Die aktuelle Situation mit Ausgangsbeschr?nkungen k?nnen und wollen wir aber nicht auf Dauer beibehalten. Wie kann uns eine dauerhafte Reduktion der Emissionen trotzdem gelingen?

Ohne eine ?nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird es nicht gehen. {web_name}e sollte und kann man sozial vertr?glich ausgestalten. Natürlich will hier kein Staat alleine vorpreschen, aus Angst um die Wirtschaft. Auch sind den Bürgern ambitionierte Gesetze schwer zu vermitteln, solange gr??ere Auswirkungen des Klimawandels noch nicht im Alltag zu spüren sind. Es ist hier aber ?hnlich wie bei der COVID-19 Pandemie: wenn man die Auswirkungen spürt, ist es wom?glich zu sp?t, um gegenzusteuern. Man muss also jetzt etwas tun.

W?re es sinnvoll, wenn Berufst?tige, wo dies m?glich ist, generell h?ufiger im Homeoffice arbeiten würden?

Das w?re wahrscheinlich generell sinnvoll, z.B. auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Bezüglich des Umweltschutzes muss man genau hinsehen: Rechenzentren verbrauchen natürlich auch Strom, und Homeoffice k?nnte ja auch durchaus Familien dazu ermutigen, wieder verst?rkt aufs Land zu ziehen, oder junge Leute zum Reisen. Die Digitalisierung kann aber eine Chance sein, wenn der Staat gleichzeitig die richtigen ?konomischen Anreize setzt.

Mit welchen Folgen des Klimawandels müssen wir rechnen, wenn wir so weiter machen, wie vor Corona?

Es wird w?rmer werden, was dann z.B. ein Abschmelzen des Polareises sowie der Gletscher, einen erh?hten Meeresspiegel, aber auch Ver?nderungen von Klima- und Wettermustern (z.B. st?rkere tropische Stürme) nach sich zieht. Die h?here atmosph?rische CO2 Konzentration versauert die Meere und t?tet damit Korallenriffe, unterstützt aber andererseits die Photosynthese terrestrischer Pflanzen. Gro?e Unsicherheiten gibt es bei der Vorhersage der sogenannten Kippelementen des Erdsystems, z.B. den Permafrostb?den. Wenn diese auftauen, k?nnte das enorme Mengen Methan freisetzen, was den Klimawandel dann wie in einer Kettenreaktion weiter anheizt.

Für Bayern kommen noch andere wichtige Faktoren ins Spiel. Insbesondere die zukünftige Menge und die Verteilung des Niederschlags ist schwierig vorherzusagen, aber enorm wichtig für die Land- und Forstwirtschaft. Wie man solche Unsicherheiten quantifizieren und bewerten kann erforschen wir hier in Regensburg in Zusammenarbeit mit Kollegen des Forschungsverbundes BLIZ, gef?rdert vom Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Forschungsnetzwerks bayklif.

Haben Sie Tipps, wie jeder Einzelne auch in Corona-Zeiten (und danach) seine pers?nliche CO2-Bilanz verbessern kann?

Ich denke, es ist kein Geheimnis, dass Flugreisen und Fleischkonsum, insbesondere Rindfleisch, eine eher schlechte Umweltbilanz haben. ?ber den privaten Konsum alleine werden wir das Ruder aber nicht herumrei?en k?nnen. Wer sich um das Klima sorgt, kann sich deshalb zus?tzlich politisch engagieren, z.B. in einer Partei, oder bei Bewegungen wie Fridays for Future.

 

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