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Aktuelles: Die Wiedergeburt einer verlorenen Generation

DAAD-Stipendiat Benjamin Ory erforscht Werk und Wirkung der Renaissance-Komponisten Willaert, Festa und Gombert

07. Mai 2020, von Media Relations & Communications

Seit Oktober 2019 ist das Regensburger Institut für Musikwissenschaft gastgebende Institution für den DAAD-Stipendiaten Benjamin Schaffer Ory, der Musikwissenschaft an der Universit?t Harvard studiert hat und nun als PhD Candidate der Universit?t Stanford an seiner Dissertation zu Komponisten des 16. Jahrhunderts arbeitet. Im Fokus seines Promotionsprojekts mit dem Arbeitstitel The Origins of the Sixteenth-Century Imitation Generation and its Twentieth-Century ‘Recovery’ stehen Adrian Willaert, Costanzo Festa und Nicolas Gombert – zu ihren Lebzeiten in der Renaissance hoch gesch?tzt für ihre Kompositionen gerieten sie nach 1600 zunehmend in Vergessenheit.


?Das mag dem Stil ihrer Werke geschuldet sein“, vermutet Ory: ?Die langsamen harmonischen Ver?nderungen, die langen melodischen Linien und eine schier überw?ltigende Anzahl von Stimmen k?nnten auf manche Rezipienten abschreckend gewirkt haben.“ Stilbildend für die Renaissance waren die sogenannten Parodiemessen, bei denen vorhandene Musikstücke in neugeschaffene, oft gr??ere Werke integriert wurden. Auf welche Weise oder aus welchen Gründen bestimmte Werke zur Nachahmung ausgew?hlt wurden, ist derzeit noch unklar – hier Licht ins Dunkel zu bringen, ist eines der Ziele von Orys Doktorarbeit.


Nachdem die Werke von Willaert und Gombert drei Jahrhunderte lang nur wenig Beachtung gefunden hatten, entdeckte die deutsche Musikwissenschaft in den sp?ten Jahren der Weimarer Republik und zu Beginn des Dritten Reichs ihre Kompositionen wieder. ?Mich interessieren die Beweggründe für diese neu erwachte Wertsch?tzung“, erkl?rt Benjamin Ory. Seine bisherigen Recherchen lassen vermuten, dass das damalige Interesse an den Komponisten nicht prim?r in der emotionalen oder ?sthetischen Wirkung ihrer Musik begründet lag: ?Ausschlaggebend für die intensive Auseinandersetzung der Wissenschaftler mit Willaert und seinen Zeitgenossen dürfte die ihnen zugesprochene historische Bedeutung gewesen sein; man erkl?rte sie zu Wegbereitern für die Entwicklung von weltlichen, volkstümlichen Musikformen im deutschsprachigen Raum“, führt Ory seine ?berlegungen weiter aus und erg?nzt: ?Dabei ist es mir auch wichtig herauszuarbeiten, inwieweit die musikwissenschaftliche Geschichtsschreibung von der damaligen nationalsozialistischen Ideologie beeinflusst worden ist.“


Um mit den Originalquellen des 16. und des 20. Jahrhunderts arbeiten zu k?nnen, war der vom Deutschen Akademischen Austauschdienst erm?glichte Forschungsaufenthalt in Deutschland für Benjamin Ory unerl?sslich. Mit der akademischen Betreuung durch Prof. Dr. Katelijne Schiltz vom Institut für Musikwissenschaft der Universit?t Regensburg profitiert Ory zudem von der M?glichkeit, sich mit einer der führenden Expert*innen für Adrian Willaert und seine Kompositionen austauschen zu k?nnen. Bis Mitte M?rz recherchierte Benjamin Ory in den Archiven der Universit?ten Freiburg, Bonn und K?ln, in der Bayerischen Staatsbibliothek in München und sichtete die für seine Arbeit relevanten Best?nde der Bisch?flichen Zentralbibliothek in Regensburg. Mit der Schlie?ung von Archiven und Bibliotheken zur Eind?mmung der Coronavirus-Pandemie am 14. M?rz ist diese Quellenarbeit vorerst nicht mehr m?glich.


Im Moment konzentriert sich Benjamin Ory daher auf die Auswertung der bislang gesichteten Quellen und die Ausarbeitung der daraus resultierenden Ergebnisse. Die Zeit der Ausgangsbeschr?nkungen verbringt Ory mit seiner Freundin in der Schweiz, tauscht sich jedoch regelm??ig am Telefon oder per Videokonferenz mit Professorin Schiltz aus. Benjamin Ory bleibt optimistisch: ?Ich hoffe einfach, dass Bibliotheken und Archive bald wieder ?ffnen und ich meine Recherchen dann wie geplant bis Ende September abschlie?en kann“.

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