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Aktuelles: Zellen mit Licht kontrollieren

Interdisziplin?res Forschungsteam der UR entwickelt molekulare Photoschalter, um die Zellphysiologie zu steuern

31. Mai 2023, von Tanja Wagensohn

  • Chemie und Pharmazie
  • Forschung

Moleküle, die durch sichtbares Licht ihre molekulare Struktur ver?ndern, hat nun ein interdisziplin?res Forschungsteam der Institute für Organische Chemie, Analytische Chemie und Pharmazie der Universit?t Regensburg zur Kontrolle von Zelloberfl?chenrezeptoren entwickelt. Die Wissenschaftler*innen haben einen Photoschalter in ein biologisch aktives Molekül eingebaut, der bei Bestrahlung mit sichtbarem Licht die Form des gesamten Moleküls reversibel ?ndert. Geschieht dieses Umschalten w?hrend die Moleküle an einem Rezeptor gebunden sind, kann die entsprechende Zellreaktion durch Bestrahlung mit sichtbarem Licht ein- bzw. ausgeschaltet werden. Die Signalkaskaden innerhalb der Zellen lassen sich somit von au?en berührungslos kontrollieren.

Die Zellen des menschlichen K?rpers müssen in der Lage sein, schnell und koordiniert auf Hormone und andere chemische Botenstoffe zu reagieren. Ein grundlegender Mechanismus zur Vermittlung von solchen Zellreaktionen basiert auf der Aktivierung von Zelloberfl?chen-Rezeptoren. Dabei handelt es sich um Proteine auf der Zelloberfl?che, die extrazellul?re Signalmoleküle spezifisch erkennen. Kommt es zur Bindung zwischen Rezeptor und Botenstoff, so wird durch eine damit verbundene minimale Verformung des Rezeptors diese Information in das Zellinnere weitergeleitet und eine Signalkaskade ausgel?st. Unter allen bekannten Zelloberfl?chen-Rezeptoren stellen die sogenannten G-Protein gekoppelten Rezeptoren (GPCR) die mit Abstand gr??te Familie dar.

Das menschliche Genom besitzt mindestens 800 Gene, die solche Rezeptoren codieren. Bekannte Beispiele sind der Rezeptor für das Stresshormon Adrenalin, der Rezeptor für Dopamin oder der Histamin-Rezeptor, der bei allergischen Reaktionen eine gro?e Rolle spielt. Aufgrund dieser gro?en Zahl und ihrer elementar wichtigen Funktion bei der Vermittlung von Informationen ins Zellinnere hinein, ist es nicht verwunderlich, dass Fehlfunktionen von GPCRs mit einer Vielzahl von Krankheiten in Verbindung stehen und diese Rezeptoren Zielstrukturen vieler Arzneistoffe sind. Wenngleich die Sch?tzungen etwas schwanken, adressieren heutzutage etwa 40 % aller verschreibungspflichtigen Medikamente diese GPCRs, um sie in ihrer Funktion zu beeinflussen und Krankheitssymptome zu lindern.

Ein interdisziplin?res Forschungsteam der Institute für Organische Chemie, Analytische Chemie und Pharmazie der Universit?t Regensburg hat Moleküle entwickelt, die an den sogenannten Neuropeptid-Y-Rezeptor (NPY) binden und diesen aktivieren. Das Besondere an diesen Molekülen ist die Eigenschaft, dass sie induziert durch sichtbares Licht ihre molekulare Struktur ver?ndern (trans versus cis), und die beiden Formen sich in ihrer Wirkung auf den NPY-Rezeptor deutlich unterscheiden. {web_name} wird durch einen im Molekül eingebauten, sogenannten Photoschalter erm?glicht, der bei Bestrahlung mit sichtbarem Licht die Form des gesamten Moleküls reversibel ?ndert. Geschieht dieses Umschalten w?hrend die Moleküle am Rezeptor gebunden sind, kann die entsprechende Zellreaktion durch Bestrahlung mit sichtbarem Licht ein- bzw. ausgeschaltet werden. Die Signalkaskaden innerhalb der Zellen sind somit von au?en durch Licht zu kontrollieren.

Bislang gab es nur wenige M?glichkeiten, durch Photoschalter kontrollierte Zellreaktionen in Echtzeit zu verfolgen. Das hatte auch damit zu tun, dass die meisten Techniken, um Zellen zu beobachten, selbst auf Licht basieren und es so zu unerwünschten Interferenzen mit dem Schalten der Moleküle kommt. Das Forschungsteam der UR hat diese Einschr?nkung aufgel?st, indem sie die zu untersuchenden Zellen auf Dünnfilmelektroden wachsen lie?en und die Zell-Reaktion vor, w?hrend und nach dem Schalten durch elektrochemische Impedanzmessungen in Echtzeit verfolgt haben. Impedanzmessungen sind in dieser Ausführungsform sehr sensitive Indikatoren von Zellform?nderungen, wie sie durch die Signalkaskaden in der Zelle infolge der Rezeptoraktivierung durch die photoschaltbaren Moleküle ausgel?st werden. {web_name}e Kombination aus Steuerung biomolekularer Aktivit?t mit Licht und deren Beobachtung durch Impedanzmessungen soll zukünftig auch auf andere Rezeptoren und Signalkaskaden übertragen werden.

Informationen/Kontakt

Die Studien zum NPY-Rezeptor sind in der M?rz-Ausgabe der Angewandten Chemie (International Edition) im Open-Access-Format ver?ffentlicht:

Ulrike Wirth, Julia Erl, Saphia Azzam, Dr. Carina H?ring, Dr. Michael Skiba, Ritu Singh, Kathrin Hochmuth, PD?Dr. Max Keller, Prof.?Dr. Joachim Wegener, Prof.?Dr. Burkhard K?nig: Monitoring the Reversibility of GPCR Signaling by Combining Photochromic Ligands with Label-free Impedance Analysis. https://doi.org/10.1002/ange.202215547 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Zu PD Dr. Max Keller (externer Link, ?ffnet neues Fenster) (Pharmazie)
Zu Prof. Dr. Burkhard K?nig (externer Link, ?ffnet neues Fenster)(Organische Chemie)
Zu Prof. Dr. Joachim Wegener (externer Link, ?ffnet neues Fenster) (Analytische Chemie)

Grafik: Julia Erl / UR
Photoschaltbare Liganden von Zelloberfl?chenrezeptoren werden durch sichtbares Licht (340 nm oder 455 nm) berührungslos zwischen zwei Zust?nden hin- und her geschaltet. Die dadurch kontrollierten Signalkaskaden führen zu Zellform?nderungen, die mit Impedanz-Messungen sehr sensitiv erfasst werden k?nnen.
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