Die Erkenntnis von Johannes Kepler, dass sich die Planeten auf elliptischen Bahnen um die Sonne bewegen, war nach Meinung des Philosophen Ernst Cassirer und des Kunstwissenschaftlers Aby Warburg der entscheidende Umbruch hin zum modernen analytischen Denken, das noch heute eines der Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens darstellt. Das führte das Regensburger Seminar zu Keplers ?Aufbruch in die Moderne“ am vor Kurzem in den Norden Deutschlands: mit Studierenden der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft, Musik und Physik fuhren Forscher der Universit?t Regensburg an einen Originalschauplatz nach Hamburg. Hier hatte Aby Warburg 1926 eine der wichtigsten wissenschaftlichen Bibliotheken bauen lassen, deren Lesesaal – im Angedenken an Keplers Erkenntnis – selbst die Form einer Ellipse aufweist. Karen Michels, habilitierte Kunsthistorikerin aus Hamburg, die in den neunziger Jahren die Rekonstruktion des historischen Hauses mitgeleitet hat, lie? in ihren fesselnden Erz?hlungen den Geist Warburgs wiederaufleben. ?Es war eine einmalige Chance, vor Ort die richtungsweisenden Gedanken der damaligen Wissenschaftler nachvollziehen zu k?nnen“, begeistert sich die {web_name} Franziska Bruckmann.
Kepler, der 1630 in Regensburg starb, war nicht nur ein bekannter Astronom und Mathematiker, sondern auch Theologe, Optiker und Philosoph. ?{web_name}e Interdisziplinarit?t war auch bei der Aufarbeitung von Keplers Schriften entscheidend“, erkl?rt die Regensburger Komparatistin Prof. Dr. Dorothee Gelhard, ?So ist es nicht verwunderlich, dass Warburg und Cassirer u. a. auch mit Einstein oder Heisenberg, wichtigen naturwissenschaftlichen Denkern dieser Zeit, eng zusammenarbeiteten und befreundet waren.“ Der Blick im Geiste Cassirers und Warburgs, den dieses interdisziplin?re Seminar sich zur Aufgabe gemacht hat, ist ma?geblich für die methodische Ausrichtung in Forschung und Lehre der Regensburger Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft.
?Uns war es wichtig, dass auch unsere Studierenden verstehen, wie entscheidend nicht nur der Blick über den Tellerrand ist, sondern vielmehr die aktive fachübergreifende Zusammenarbeit ist“, best?tigt Dr. Stephan Giglberger, Dozent für Experimentalphysik an der Universit?t Regensburg. ?Die Naturwissenschaften waren früher ein Teilbereich der Philosophie. Erst mit der tieferen Spezialisierung der Bereiche wurden daraus eigene Disziplinen.“ Relevante Herausforderungen auch der heutigen Zeit lie?en sich aber nur gemeinsam und f?cherübergreifend sinnvoll angehen, sind sich die Regensburger Wissenschaftler einig.
Dr. Michael Braun, Dozent der Musikwissenschaft, hatte bereits in einem früheren Projekt gemeinsam mit der Fakult?t für Physik den frühen Aufruf Keplers aufgegriffen, die ?Harmonie“, die in den Verh?ltnissen der Umlaufzeiten der Planeten um die Sonne versteckt ist, auf die Musik zu übertragen. Was heute an den Schulen als ?Das dritte Keplersche Gesetz“ unterrichtet wird, wurde 2017 von den Musikerinnen der MINT-Girls Regensburg vertont und in einem spektakul?ren Auftritt im Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt live zur ISS übertragen.
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